DACSF2025_60

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Von Nadeln und Sonnen

Ihre eigenen grünen Augen waren Dalya über Nacht fremd geworden. Sie starrte ihr von blondem Haar umrahmtes Gesicht im Badezimmerspiegel an und stellte sich dazu Fragen. Immer wieder streckte sie zögerlich den Finger nach einzelnen markanten Punkten aus, traute sich aber nicht, sie zu berühren, aus Angst, sie könnten auseinander fallen und darunter würde etwas anderes zum Vorschein kommen.

Gestern Abend hatte sie sich noch nicht mit solchen Gedanken gequält.

Gestern Abend war sie noch der Meinung gewesen, dass sie nach jahrelanger harter Arbeit heute die Früchte dieser Strapazen und Entbehrungen würde ernten können.

Ihr Finger wollte den kleinen Knochendorn an ihrer Nasenwurzel berühren, blieb aber erneut kurz davor zitternd in der Luft hängen, als ob ein undurchdringliches Schutzschild ihr Gesicht vor Eindringlingen schützen würden.

Ihr Blick wanderte ins Nachbarzimmer. Auf dem grauen Teppich ihrer Standard Einzimmer Wohnung mit den leblosen beigen Wänden und der unbequemen Schlafkoje, waren noch seine Fußabdrücke zu sehen. Sie hatte es nicht geträumt. Auch wenn sie es sich für einen Moment wünschte.

Sie ließ die Hand sinken und verharrte ungefähr auf Schlüsselbeinhöhe in der Luft. Wenn sie etwas weiter außerhalb mit der Prüfung beginnen würde, könnte die Hand vielleicht den imaginären Schutzschild durchdringen. Vorsichtig legte sie erst einen Finger und dann den nächsten auf ihr Schlüsselbein. Sie erschauderte für einen Moment. Es fühlte sich vertraut an und war dennoch so fremd.

Gestern Abend hatte sie auch so vor dem Spiegel gestanden und ihre neue Uniform Probe getragen. Sie war fast vollkommen schwarz, bis auf eine goldene Naht über der Brust. Diese Uniform symbolisierte alles, was sie erreicht hatte. Sie hatte es nicht nur in der Militärakademie weit gebracht, sie war auch die Ränge innerhalb der Flotte immer weiter aufgestiegen, bis sie es zu den Paragonen geschafft hatte, den Beschützern der Zukunft ihrer Rasse. Nur die Fähigsten erhielten eine Chance. Das Auswahlverfahren war hart und nur Wenigen wurde die Ehre zu Teil, einen Platz in den Reihen der Paragonen einzunehmen, jener ehrenhafter Mitglieder der Gesellschaft, die Aufzuchtstationen im Weltraum bewachten, betreuten und mit ihrem Leben verteidigten. Es gab wenige Posten in der Gesellschaft der Da’al, nach der sich so viele sehnten. Die Reise zu fremden Sonnen nach Jahren in der künstlichen Welt dieses Planten. Gleichzeitig öffnete der erfüllte Dienst jede mögliche Tür. Ihrer Uniform fehlte jetzt nur noch das Abzeichen, um diese Reise antreten zu dürfen. Eine goldene Nadel, die ein Atom darstellte. Ein Zeichen für das Universum und das Leben.

Gestern Abend hatte es bei dieser stolzen Anprobe an ihrer Tür geklingelt. Hätte sie die Tür doch einfach nicht geöffnet, sie wäre vielleicht jetzt noch stolz auf sich und das, was sie erreicht hatte.

Ein Mann in einem weiten grauen Mantel, hochgezogenem Kragen und tief gezogener Hutkrempe stand vor ihrer Tür, auf dem leeren, schmucklosen Flur ihres Hochhauses.

„Dalya Sendalyn?“

Sie hatte fragend genickt.

„Ich bin hier, um mit dir über deine Herkunft und deine Zukunft zu sprechen!“

Sie hatte fast schon die Tür wieder geschlossen, als der Fremde mit dem Fuß die sich zuschiebende Tür auffing und sie unter dem Schatten seines Hutes anblickte: „Ich bin Vendon und ich bin wie du - kein Da’al!“ Seine Stimme hatte sie nicht gehört. Die Worte waren in ihrem Kopf entstanden. Fassungslos war sie zur Seite getreten und hatte ihn hineingelassen.

Seinen Ausführungen hatte sie zunächst keinen Glauben geschenkt. Wie sollte sie auch? Es war absurd, was er ihr erzählte. Sie stamme von einer Rasse ab - den Honi - die es sich angeeignet hatten, wie die Da’al auszusehen. Als weiteren Beweis hatte er gezeigt, dass sich sein Knochendorn an der Nasenwurzel bewegen ließ. Das war bei den Da’al nicht so. Der Knochendorn war fest in der Nase verwurzelt. Dies hatte zur Folge, dass die Honi besser atmen könnten, auch wenn die Luft sehr dünn würde.

„Ich weiß wie es ist, wenn man aus seiner Familie herausgerissen wird“, hatte der Mann gesagt, als er sich wieder den Hut aufsetzte. „Daher gebe ich dir einen Tag, um dich zu verabschieden.“ Er blickte ihr dabei streng ins Gesicht. „Du darfst keinem etwas von deiner Herkunft erzählen. Es wäre dein Tod und vermutlich auch der deiner Familie. Immerhin sind wir eine immersive Spezies. Die Da’al sind schon Paranoid genug. Sie werden versuchen alles über uns durch dich in Erfahrung zu bringen. Also schütze dich und diejenigen, die dich großgezogen haben!“

Ihr Mund wurde trocken und für einen Moment schien ihre Atmung auszusetzten. Sie musste sich daran erinnern einzuatmen, bevor sie fragen konnte: „Soll das heißen, dass meine Eltern nicht meine Eltern sind?“ Es erschreckte sie fast noch mehr, dass sie ohne Übung dem fremden Mann auf die gleiche Weise antwortete, auf die er mit ihr kommunizierte.

Der Vendon nickte knapp. „Sie hatten keine Ahnung!“

Ein Kloß steckte ihr im Hals und sie konnte nichts erwidern. Sie wusste, dass es stimmte.

Er wollte gerade die Wohnung verlassen, als er noch einmal stehenblieb. „Ich komme morgen zur gleichen Zeit und werde dich abholen.“

Und jetzt stand sie hier und konnte es immer noch nicht glauben. Vorsichtig strich sie sich über ihr Kinn, dann über die Lippen. Es fühlte sich echt an. Und - für sie wie eine Bestätigung - die Wangenknochen waren noch genauso, wie beim letzten Mal. Auch die Augenfalte zog sich, wie sie es vom Schminken gewohnt war. Die Haut ihrer glatten Stirn ließ sich bei Druck in Falten werfen - so wie sie es auch bei ihrer Mutter getan hatte, wenn sie Dalya als Kind aufmuntern wollte.

Sie ließ den schweren Arm sinken. Die Kraft hatte ihn verlassen. Sie konnte nicht mehr prüfen, ob auch ihr Knochendorn beweglich war. Und was sollte das überhaupt? Das bewies noch gar nichts!

Trotzig griff sie nach ihrer Uniform und zog sich das Symbol ihrer harten Arbeit an. Das ganze war vermutlich doch nur ein Fiebertraum. Ein Resultat ihrer Erschöpfung und der Nervosität.

Entschlossen schob sie die Erinnerung an Vendon zur Seite. Sie würde sich den heutigen Tag nicht von ihren Halluzination kaputt machen lassen. Sie würde sich jetzt ihre Nadel abholen und dann in den Weltraum zu den Sonnen fliegen!

Fahrig zog sie den Ledermantel über die Uniform und ergriff ihre gepackte Tasche. Dann ließ sie ein letztes Mal den Blick durch ihr Zimmer schweifen, wobei sie den Boden ignorierte. Sie besaß den Luxus eines Fensters, das aber derzeit durch ein Schott verschlossen war. Wie häufig hatte sie in der kleinen, im Boden eingelassenen Sitzecke darunter gesessen und versucht, durch den künstlichen Himmel, den Weltraum zu sehen. Die meiste Zeit musste sie von Sonnen träumen, denn hinter den LEDs befanden sich nur dicke Wolken, aus denen es Säure regnete. Alles zum Schutz, um sich vor den gefährlichen Na-u zu verstecken, die den Weltraum nach ihnen durchstreiften.

Entschlossen drehte sie sich zum Bedienfeld an der Wand neben dem Ausgang und synchronisierte es mit ihrem Armkommunikator. Sie schaltete das Licht aus und gab das Datum ihrer erwarteten Rückkehr ein, bevor sie ihre Schuhe anzog und aus der Tür heraustrat, die sich mit einem lauten Zischen wieder hinter ihr schloss und versiegelte. Das Wasser, die Heizung, der Strom und der Sauerstoff würden für die Zeit ihre Abwesenheit ausgeschaltet sein. Und sie wurde jetzt in der Akademie für ein letztes Briefing vor dem Start erwartet. Sie hatte nicht vor, das zu verpassen.

Der Gebäudekomplex, in dem sie wohnte, war nicht mehr neu, aber noch gut erhalten. Die LEDs entsprachen nicht mehr der neusten Technik, aber sie konnten im Schutzhimmel trotzdem noch Tag und Nacht darstellen. Mit schnellen Schritten machte sich Dalya auf den Weg zur Stadtbahn. Dabei wurde sie auf allen Oberflächen mit Nachrichtenspots informiert, die laut und bunt um ihre Aufmerksamkeit buhlten.

Es dauerte einen Moment, bis sie bemerkt, dass sie die Luft anhielt und auf Nachrichten über sich lauschte. Sprach jemand über den Start heute Abend? Oder über die Gefahr von vorgetäuschter Identität? Oder von Honi? Erschrocken schüttelte sie den Gedanken und das kalte Gefühl in ihrem Nacken ab.

Schwachsinn!

Es waren die gleichen Berichte wie immer. Wie die tapferen Raumpiloten ihr Leben ließen, um die Na-u von diesem Planeten abzulenken. Und wie viel ein Blätterburger eine Etage tiefer kostete.

Die Da’al hatten nicht immer auf diesem unwirklichen Planeten in einem System ohne Sonne gelebt. So wie Dalya es in der Schule gelernt hatte, hatten sie vor Jahrhunderten zusammen mit den Na-u im gleichen Universum gelebt, bis der Platz für beide nicht mehr groß genug war. Doch den Na-u hatte es nicht gereicht, sie von ihrem Heimatplaneten und aus ihrem Sonnensystem zu vertreiben. Sie jagten sie soweit, wie ihre Raumschiffe fliegen konnten. Die Na-u waren eine bösartige Rasse, die die Da’al als Nahrungsquelle ausgemacht hatten. Um sich vor ihnen zu verstecken, hatten sich die wenigen Überlebenden und körperlich unterlegenen Da’al einen unauffälligen Planeten gesucht, der aber von Energiequellen nur so strotze. Und diese wurden genutzt, um die fehlende Sonne auszugleichen. Aus dem Weltraum sah der Planet weiter unbewohnt und unbewohnbar aus. Eine Ansammlung von Säureregenwolken und Felsen. Doch darunter verbarg sich eine pulsierende Stadt neben der anderen, deren Bewohner durch Technik unterhalten und am Leben gehalten wurden. Das ganze Künstliche hatte aber in den letzten Jahrhunderten dazu geführt, dass die Da’al unfruchtbar wurden. Nachwuchs konnte nur noch mit Hilfe von Gentechnik gezeugt werden.

Und hier kamen die Paragonen ins Spiel.

Um ihre Zukunft zu schützen und den Nachwuchs lebensfähig zu halten, umkreisten kleine Raumschiffe mit Schutzschilden die Sonnen von fernen Galaxien. So lange, bis Eltern die gereiften Kinder übernehmen, aufziehen und lieben konnten.

Nur wer geeignet war, bekam ein Kind zugesprochen. In dieser Gesellschaft gab es niemanden, der sein Kind nicht wirklich wollte.

Da kam ihr der Gedanke: Wie würde es ihren armen Eltern ergehen, wenn Dalya heute Abend wirklich einfach mit Vendon verschwinden würde?

Ihr Blick aus der Stadtbahn in die leuchtende Stadt - es gab nur wenige Stunden simuliertes Sonnenlicht - schärfte sich auf ihr Spiegelbild. Auf den Knochendorn. Sie war doch eine Da’al, oder?

Zögernd hob sie die Hand, nur um wieder in der gleichen Pose zu verharren, wie vor ihrem Badezimmerspiegel. Was, wenn sie doch keine Da’al war? War dann alles eine Lüge? Ihre Liebe zu ihren Eltern? War diese dann überhaupt echt? Ihr Ehrgeiz eine Paragonin zu werden? War das wirklich ihrer? Oder war er ihr einprogrammiert? Was war dann wirklich sie?

Einerseits wollte Dalya diese Gedanken aus ihrem Kopf drücken. Andererseits wollte sie es jetzt endlich wissen. Entschlossen legte sie den Zeigefinger auf den Knochendorn und schob ihn kraftvoll nach oben, so dass es schmerzte. Tränen fluteten ihre Augen. Sie drückte den Dorn ein Stück die Nase herab, dann nach links und rechts. Er ließ sich frei bewegen. Sie war keine Da’al!

Sofort wurde sie sich ihrer Umgebung bewusst. Die gleiche Hand, die am Knochendorn gerührt hatte, wischte sich jetzt verstohlen die Tränen aus den Augen und von den Wangen. Krampfhaft hielt sie den Blick aus dem Fenster gerichtet, versuchte aber mit Herzklopfen in der Spiegelung des Bahninneren zu erkennen, ob einer der Fahrgäste sie beobachtete.

Vendons Stimme hallte in ihrem Kopf: “Du darfst keinem etwas deiner Herkunft erzählen. Es wäre dein Tod und vermutlich auch der von deiner Familie.”

Schlagartig wurde ihr bewusst, dass dieser Planet der letzte Rückzugsort der Da’al war. Diese Rasse würde alles tun, um ihre Familien zu schützen. Sie würden Dalya nicht einfach so weiter unter sich leben lassen.

In diesem Moment fühlte sie sich unendlich allein.

Keiner in der Stadtbahn schien sie zu beachten. Es schaute noch nicht einmal jemand herüber. Die meisten blickten auf ihre Armkommunikatoren. Der ein oder andere schaute sich im Overlay der Glasscheiben einen auf ihn zugeschnittenen Nachrichtenspot an.

Niemand interessierte sich für Dalya.

Für einen Moment atmete sie aus und ein bisschen Druck fiel von ihr ab.

Etwas hatte sich geändert. Sie hatte sich schon immer die Frage gestellt, warum sie verbissener war als andere in ihrem Alter. Warum sie erst zufrieden war, wenn sie ihr Ziel erreicht hatte. Warum sie nicht loslassen konnte. Deswegen hatte sie nur wenige Freunde. Ihre Verbissenheit hatte dazu geführt, dass schon ihre Mitschüler im Kindertagen nicht gerne mit ihr spielen wollten. Hatte es daran gelegen? Hatte sie so wenige Freunde, weil sie eine Honi war?

Die Bahn wurde langsamer und kam in einem Bahnhof ganz zum stehen. Bevor sie aus der Bahn ausstieg, schaltete sie ihren Armkommunikator aus. Er würde die Nachrichten der Umgebung auffangen und ihr vorspielen. Sie hatte gerade kein Interesse daran zu erfahren, wo es das leckerste Zolan gab. Und wie viel es nur kostete. Sie wollte gerade ihre Gedanken hören.

Am Ende des Bahnsteigs blieb sie stehen und ließ die anderen Da’al um sie herumströmen.

Sie sollte sich also verabschieden, damit Vendon sie heute Abend mitnehmen konnte? Wohin? Warum hatte sie nicht nachgefragt? Dass sie hier nicht mehr bleiben konnte, war klar. Sie brachte sich und ihre Eltern in Gefahr!

Ihre Eltern! Sie gingen sowieso davon aus, dass Dalya heute als Paragonin in den Weltraum fliegen würde. Was würden sie denken, wenn sich in fünf Jahren herausstellen würde, dass sie nie ins Raumschiff eingestiegen war?

Dalya musste einmal hart schlucken. Wenigstens von ihren Eltern wollte sie sich verabschieden. Sie hatten alles für sie gegeben. Sie konnten nicht wissen, dass sie eine Honi aufzogen.

Durch den anhaltenden Strom von Da’al drückte sich Dalya hindurch um aus dem Bahnhofsgebäude am Rand der Straße in eine Gasse zu gelangen, in der es ruhiger war und sie ungestört mit ihren Eltern sprechen konnte. Sie sehnte sich gerade nach ihnen! Sie konnte sie doch nicht so einfach verlassen, oder?

Sie schaltete den Armkommunikator ein und sendete den Ruf los. Zwei wartende Leitungen wurden ihr auf dem Tellergroßen formbaren Bildschirm am Handgelenk angezeigt.

Es schien eine unendlich lange Zeit zu dauern, bis das Piepen auf der einen Leitung beantwortet wurde. Ihre Mutter reagierte als erstes auf Dalyas Ruf. “Hallo, mein Kind!”, lächelte eine Frau mit grauen Haaren, die zu einer modernen Frisur hoch gesteckt waren. “Wie geht es dir?”

Mein Kind? War sie das immer noch?

“Hallo Mama!”, es kostete Dalya viel Kraft nicht zu schluchzen und ihre Gefühle zu verbergen. “Mir geht’s gut. Ich wollte mich nur noch mal verabschieden!”

“Das ist sehr lieb von Dir, mein Schatz!”, die Augen ihrer Mutter wurden feucht. Die Leitung zu ihrem Vater piepte weiter. Sie lächelte warm. “Es freut mich sehr für dich, dass alle deine Wünsche jetzt in Erfüllung gehen. Papa und ich sind sehr stolz auf dich, auch wenn der alte Zausel gerade nicht ans Telefon geht.” Sie neckte Dalyas Vater, wie sie es seit Jahren tat. Seitdem er langsam grau geworden war. “Es ist schade, dass wir nicht vor Ort sein dürfen. Aber wir verstehen die Sicherheitsvorkehrungen.” Sie beugte sich etwas näher zur Kamera und sprach etwas leiser weiter, so dass Dalya Probleme hatte, sie zu verstehen. “Aber ich gehe heute Abend zu den Nachbarn. Bei denen ist ein LED Pannel fehlerhaft und man kann den Weltraum dahinter sehen, wenn keine Wolken die Sicht verdecken. Vielleicht kann ich ja dein Raumschiff starten sehen.” Sie lächelte verschwörerisch. „Freust du dich auf deinen Abflug?“

Sie wusste nicht, was sie ihrer Mutter darauf antworten sollte. Sie hatte sich immer auf diesen Tag gefreut. Sie hatte ihn sich schon seit Jahren ausgemalt. Wie sie in ihrer schicken schwarzen Uniform die Gangway entlang gehen würde. Wie sie nach dem Start aus einem der Fenster blicken und für die nächsten Jahre einen letzten Blick auf diesen säureverseuchten Planeten werfen würde unter dessen Wolken man die sich dort versteckende Zivilisation weder sehen noch vermuten konnte. Und wie sie einige Monate später von einer der Aufzuchtsstationen aus, auf eine echte Sonne blicken würde.

Und jetzt? Wo würde sie überhaupt hinfliegen, wenn Vendon sie heute Abend abholen würde?

„Es ist ganz normal, dass du nervös bist! Wir werden dich vermissen, aber in ein paar Jahren wirst du wieder bei uns sein. Und wer weiß, welche neuen Herausforderungen du dir dann hier suchen wirst. Egal was, wir werden dich immer dabei unterstützen!“ Sagte ihre Mutter aufmunternd.

Nein! Das waren ihre Eltern! Es war ihr egal, was ihr jemand anderes erzählte. Sie stammte von einer anderen Rasse? Na und? Sie hatte so hart gearbeitet, sie würde nicht gehen, ohne sich dich Rangnadel als Zeichen für all das zu holen, was ihre Eltern für sie getan hatten. Sie war nicht allein. Egal was war, ihre Eltern waren bei ihr!

„Ich bin etwas aufgeregt! Und ich werde euch auch sehr vermissen. Ich bin euch für alles dankbar, was ihr mir möglich gemacht habt!“ Ihrer Mutter stiegen jetzt sichtbare Tränen in die Augen. Das stütze Dalyas Entschlossenheit nur mehr. Sie konnte ihre Eltern nicht der Gefahr einer Entdeckung aussetzten!

„Ich muss jetzt los!“ Beendete Dalya das Gespräch, um nicht selbst noch zu weinen. Ihre Mutter nickte verständnisvoll und küsste die Kamera. „Ich kann deine Rückkehr kaum erwarten!“ Dann wurde die Verbindung beendet.

Die Verbindung zu ihrem Vater wartete immer noch auf eine Antwort. Sicherlich war er gerade in einer OP und Rufe konnten ihn nicht erreichen. So wusste er aber, dass sie an ihn gedacht hatte.

Dalya richtete ihren Kragen und griff ihre Tasche fester. Sie würde sich die Nadel aus der Akademie holen. Und sie dann ihren Eltern zukommen lassen!

Die Akademie lag die Straße runter. Sie fädelte sich in den Strom der Da’al wieder ein. Ein Großteil wollte in die gleiche Richtung. Heute wurden auch die neuen Kadetten aufgenommen. Der Start ihres Schiffes sollte ihnen als Motivation dienen. Sie blickte in die erfreuten Gesichter der neuen Generation.

Und konnte nicht anders, als plötzlich festzustellen, dass sie von vielen angestarrt wurde.

Hatten sie erkannt, dass sie keine Da’al war?

Einer zeigte auf sie und sprach den Da’al neben sich an. Auch der sah sie an und seine Augen weiteten sich.

Dalya blieb stehen. Schweiß bildete sich in ihrem Nacken. Sie hatte plötzlich das Gefühl, dass alles um sie herum lauter wurde. Die Jingles der Nachrichtenspots brüllten über ihren Köpfen auf hängenden Bildschirmen. Die beiden jungen Männer stießen einen dritten an, der sie ebenfalls überrascht ansah. Alle drei sprachen kurz miteinander, ohne sie auch nur einen Moment aus den Augen zu lassen.

Dalya blickte sich nach einem Fluchtweg um. Aber bis zur Akademie reihte sich ein Gebäude neben das andere und die Straße war voll. Die drei mussten nur rufen und das ganze anwesende Militär würde sich zu ihr umdrehen. Sie würden dann alle wissen, was sie war!

Die drei setzten sich in Bewegung und kamen auf sie zu. Dabei stießen sie teilweise unsanft die Kadetten links und rechts zur Seite.

Dalyas Atem ging gepresst. Ihre Füße wollten sich nicht bewegen. War es das jetzt? War sie entdeckt worden, weil sie ihren Eltern noch einmal Ehre erweisen wollte?

„Du bist eine Paragonin, oder?“, fragte der Erste der drei, der vor ihr stand.

Durch das Rauschen in ihren Ohren hätte sie ihn fast nicht verstanden.

Dalya nickte.

Der Zweite stieß den ersten grob zu Seite.

„Darf ich deinen Autogrammfingerabdruck haben? Ich will auch später in deiner Einheit dienen und werde heute Abend dir beim Start zusehen!“

Erst jetzt fiel ihr auf, wie jung die drei waren. Sie hatten nicht sie angestarrt, sondern ihre Uniform.

Sie musste ein paar mal Schlucken. Beinahe hätte sie ihren Finger gehoben, um ihn auf seinen Armkommunikator zu drücken. Der kleine Finger hatte sonst keine Funktion und war bekannt dafür, dass sein Abbild als Andenken dienen konnte.

Aber war es auch ungefährlich für eine Honi? Schließlich war ihr Knochendorn auch nicht in der Nase verwurzelt.

„Ich kann nicht!“, stammelte sie - mehr zu sich, als zu dem enttäuschten Kadetten. Sie wollte gerade ansetzten und eine fadenscheinige Erklärung abliefern, als der dritte Kadett ausholte und dem Zweiten einen freundschaftlichen Schlag auf den Hinterkopf gab, so dass ihm die dunkelblaue Schirmmütze vom Kopf rutschte. „Natürlich kann sie nicht, du Dekk. Sie arbeitet in einer der wichtigsten Einheiten, die wir haben. Die dürfen niemandem irgendetwas von sich geben. Identitätsdiebstahl und so!“

Dalyas Muskeln verkrampften sich. Sie nickte leicht, stammelte etwas Zustimmendes und bewegte sich etwas hölzern aus der Situation heraus, weiter auf die Akademie zu. Die Kadetten hatten dies schon nicht mehr mitbekommen. Sie waren gerade in einer lautstarken Argumentation über Respekt vertieft.

Dalya versuchte ihre Verkrampfungen zu lösen und bewegte immer wieder ihre Muskeln, als sie die breiten Stufen zur Akademie hinaufstieg. Ihr Gesicht fühlte sich heiß an und sie spürte, wie ihr der Schweiß den Rücken herrunterlief. Wenn sie doch nur schon auf dem Raumschiff wäre. Jetzt musste sie die Kontrolle an der Tür und ihr letztes Briefing mit dem Kommandanten bestehen. Normalerweise Dinge, die sie nicht stören würden oder auf die sie sich gefreut hatte. Aber unter diesen Umständen fragte sie sich, wie sie die Nadel erhalten und sich dann aus der Akademie absetzten sollte, ohne aufzufallen.

Ihr Körper schien ihr nicht mehr zu gehorchen, als sie vor den bewaffneten Wachleuten der Akademie stand. Sie griff die Tasche fester, um das Zittern ihrer Hände zu unterdrücken. Der erste Wachmann musterte sie intensiv durch seine Brille, von der sie wusste, dass sie verdeckte Waffen und andere gefährliche Stoffe für ihn sichtbar machen konnte. Konnte er den Schweiß sehen, der ihr den Rücken runterlief? Konnte er sehen, dass sie keine Da’al war, wenn er ihr ins Gesicht blickte?

Sie musste die Tasche abgeben und begann mit den Händen zu ringen, als ein weitere Wachmann den Inhalt überprüften. Sie hatte nichts Unerlaubtes dabei und doch war sie sich plötzlich nicht mehr sicher. Was wenn sie unterbewusst etwas Falsches eingepackt hatte?

Ihr Blutdruck stieg. Das Rauschen in ihren Ohren nahm weiter zu. Wenn sie sie hier erwischen würden, würden sie Dalya direkt in eines der hinteren Zimmer schleppen und sie würde nie wieder auf eine Straße treten, geschweige denn ins Weltall fliegen. Verstohlen blickte sie sich nach einer Fluchtmöglichkeit um. Die Kadetten hinter ihr drängten die Treppe zur Akademie hoch, der Rückzug blockiert war.

Sie hatte nicht bemerkt, dass der Wachmann sie bereits angesprochen hatte. Vielleicht sogar schon zweimal? Er forderte sie auf, einen Schritt nach vorne zu treten. Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals.

Jetzt war der Moment gekommen. Es war vorbei!

Gerade, als sie doch die unnütze Flucht antreten wollte, hielt ihr der zweite Wachmann ihre Tasche hin und sagte durch seinen Mundschutz: „Viel Glück beim Start, Paragonin. Danke für ihren Dienst!“

Ihre Beine schienen für einen Moment nachzugeben. Doch sie ergriff schnell die Tasche, nickte nur knapp und ging dann mit schnellen Schritten in die Akademie hinein.

Sie wagte die ersten Meter nicht zu atmen. Als sie sich umsah, bemerkte sie, dass die beiden Wachleute ihr noch hinterher sahen und ein paar Worte miteinander wechselten. Der eine griff sein Gewehr fester.

Dalya spürte die Panik wieder in sich aufsteigen, doch die nächste Ecke unterbrach den Blickkontakt. Schwer atmend entdeckte sie eine öffentliche Toilette und stürmte durch die Tür, bis in eine der Kabinen.

Dort musste sie sich übergeben. Kalter Ausfluss brach sich aus ihrem Körper bahn. Aber mit ihm verschwand auch die Panik. Geschwächt lehnte sie sich einen Moment an die Wand an und wartete darauf, dass ihr Körper sich beruhigte und wieder ihr gehörte. Es dauerte einige Herzschläge, bis sie wieder das Gefühl hatte stehen zu können. Dabei bemerkte sie zum ersten Mal, dass der Knochendorn auf und zuklappte und ihren Kopf mit mehr Sauerstoff zu versorgen schien. In wenigen Momenten war sie wieder vollkommen ruhig.

Sie wischte sich mit einem Stück Papier über den Mund und zog ab. Dann verließ sie die Kabine, um sich am Waschbecken das Gesicht sauberzumachen.

Niemand erwartete sie dort mit vorgehaltener Waffe. Sie war allein.

Dalya blickte ihrem Spiegelbild tief in die grünen Augen und spürte, wie sich die Panik in ihr regulierte. Konnte es sein, dass dieser körperliche Unterschied ihr halfen, sich zu fokussieren? Mehr Sauerstoff, mehr Ruhe, mehr Klarheit?

Plötzlich hörte sie eine gedämpfte Stimme, sie ihre Gedanken unterbrach. Erst dachte sie, dass jemand vor der Tür stand und sie heraus rief. Dann begriff sie aber, dass es ihr Armkomunikatior war, der von ihrem Mantel verdeckt wurde. Sie schob den Stoff zur Seite und sah ihren Vater, der ihr mit einem großen Lächeln entgegen strahlte. Der Anruf war noch die ganze Zeit durchgegangen.

„Papa!“, stellte Dalya atemlos fest. Sein plötzlicher Anblick berührte etwas in ihr, dass sie fast wie ein kleines Kind weinen ließ. Dieser Da’al hatte alles gegeben, damit sie ein schönes Leben hat, damit sie ihren Träumen folgen konnte. Er hätte in jeder großen Stadt Arzt werden können, hatte sich aber für diesen Ort entschieden, damit sie hier zur Akademie gehen konnte.

„Dalya! Ich freue mich, nochmal von dir zu hören! Das habe ich nach deinem Abschiedsbesuch letzte Woche nicht mehr erwartet.“ Er bemerkte ihre Tränen und ihren Gesichtsausdruck. „Oh mein Schatz, was ist los?“

„Ich bin mir nicht sicher…..“, mehr brachte sie nicht hervor.

Aufgeregt nahm ihr Vater seinen Kommunikator näher zu seinem Gesicht.

„…ob du fliegen sollst? Warum nicht Schatz? Was hält dich auf, das Beste aus deinem Leben zu machen, das du erreichen kannst?“

Und da fiel es ihr wieder ein. Es war seine Motivation gewesen, die sie immer wieder angetrieben hatte. Seine Unterstützung hat sie stark gemacht. Sie war nicht rücksichtslos gewesen, sie war fokussiert. Und sie hatte ihre Eltern immer stolz machen wollen. Sie war nicht hier, weil sie eine Honi war. Sie war hier, weil sie die Tochter ihrer Eltern war.

Sie wischte sich die Tränen aus dem Gesicht.

„Du hast recht! Es ist vermutlich nur das Lampenfieber! Ich wollte auch nur noch mal deine Stimme hören. Danke Dir!“

„Du wirst sehen, die Zeit wird schnell vergehen und dann sehen wir uns auch schon wieder!“

Sie musste lächeln.

„Ja und ich freu’ mich darauf. Machst du mir dann wieder mein Lieblingsgericht?“

„Natürlich!“, sein Lächeln wurde noch väterlicher. „Ich fange schon nächste Woche damit an, für dich Gemüse und Fleisch einzulegen. Je länger sie auf dich warten, desto besser werden sie. Du kannst dich also auf ein Festmahl freuen!“

„Danke dir Papa. Für alles!“

Er nickte und sie verabschiedeten sich.

Dalya fühlte sich elend. Sie würde also in ein paar Stunden diesen Planeten in die Sicherheit der Honi verlassen und ihre Eltern hatten nichts weiter als eine Nadel, die sie an Dalya erinnern würde? Ein Symbol, nicht nur für die Arbeit, die Dalya selbst in ihre Karriere gesteckt hat, sondern auch für die Entbehrungen ihrer Eltern.

Sie würde nie wieder mit ihren Eltern zusammen am Tisch essen. Sie würden sich nie wieder sehen!

Sie versuchte sich zu fassen, wusch sich noch einmal übers Gesicht und richtete sich die blonden Haare. Sie würde sich diese Nadel holen und dann hier verschwinden. Es hatte keinen Sinn so zu tun, als könne sie weiter unter den Anderen leben. Es war zu gefährlich für ihre Eltern. Entschlossen griff sie nach ihrer Tasche und nickte ihrem Spiegelbild noch einmal entschlossen zu.

Keiner wartete vor der Tür auf sie. Keiner hielt sie auf dem Gang auf. Sie konnte unbehelligt bis zum Büro des Kommandanten über die sterilen Gänge der Akademie laufen.

Er erwartete sie bereits, als sie an seiner Tür klopfte.

Kommandant Melo war in allen äußeren Merkmalen durchschnittlich. Er war durchschnittlich groß. Hatte blonde Haare und grüne Augen - so wie die meisten Da’al. Sein Gesicht war bis auf die dünnen Augenbrauen haarlos und tatsächlich nicht besonders bemerkenswert. Trotzdem hatte Dalya das Gefühl einen alten Bekannten wiederzutreffen, als sie vor seinem Schreibtisch stand. Vielleicht lag es an der schwarzen Uniform, die ihrer so ähnlich war, nur mit dem Unterschied, dass er mehrere goldene Nähte über der Brust trug. Mit wunderschönen Nadeln. Seinem Rang entsprechend.

Er nickte knapp zur Begrüßung und bot ihr dann einen, der mit Stoff bezogenen Plastikstühle vor seinem Schreibtisch an. Das Büro schien grau zu sein. Der Teppich war grau, die Wände waren auch schon lange nicht mehr gestrichen worden. Ein Fenster hatte er nicht. Dafür hingen einige Bilder aus dem Weltraum an den Wänden. Diese Sonnen hatte sie zu sehen gehofft.

Er bemerkte ihren sehnsuchtsvollen Blick, als er von ihrer Akte hoch sah.

„Sie freuen sich auf die Aufgabe, Paragonin Dalya?“, fragte er förmlich. Es war doch eher eine Feststellung.

Sie streckte das Kinn und versuchte sich aufzurichten. Als Paragonin war man stolz auf sich und das sollte sie auch versuchen darzustellen.

„Ich bin bereit für meine Nadel und ihre Befehle!“, erklärte sie.

„Vendon hat sie ganz schön aus der Fassung gebracht, oder?“, hörte sie den Kommandant fragen. Hatte sie das richtig gehört?

„Wie bitte?“

„Sie haben mich schon verstanden Paragonin Dalya. Wurden sie von ihrem Besuch gestern Abend aus der Fassung gebracht?“

„Ich verstehe nicht..“, wieder schießt ihr Blutdruck in die Höhe. Sie versucht ihre Atmung durch den Knochendorn zu steuern. Die Konzentration auf alles zur selben Zeit gelang ihr allerdings nicht.

Kommandant Melo lachte einmal auf. Der Ton ließ Dalya inne halten. Er passte nicht zu dieser Situation, in der sie in Panik um ihr Leben fürchtete. Mit vor Entsetzten geweiteten Augen, beobachtete sie ihn dabei, wie er sich auf dem großen gläsernen Schreibtisch mit den Ellbogen abstütze und mit einer Hand den Knochendorn frei hin und her bewegte.

„Du bist nicht die einzige Honi im Militär!“, hörte sie seine Stimme plötzlich in ihrem Kopf.

„Was?!“, entfuhr es ihr laut. „Wie ist das möglich?“

Er deutete ihr mit den Augen an, nicht so laut zu sein und legte gleichzeitig einen Finger an seine Lippen, um sie zum Schweigen zu bringen.

„Vendon ist nur ein Weg,“ hörte sie seine Stimme in ihrem Kopf. „Meiner dürfte dir mehr entsprechen!“

Sie blickte ihn fragend an.

„Du machst weiter wie geplant und wirst den Planeten noch heute Abend mit dem Schiff der Da’al verlassen!“ Sein Blick war nicht unfreundlich, als er ihr verständnisvoll zunickte. „Du hast lange dafür gearbeitet und wir können gute Leute da oben immer gebrauchen!“

„Aber ich…“, setzten sie an, bevor sie ihm auf dem gleichen Weg antwortete, auf dem er mit ihr sprach. „…ich bin keine Da’al. Wie kann ich ihre Kinder beschützen?“

Er lächelte und begann etwas in ihre Akte zu schreiben, während er ihr stumm antwortete: „Du wirst feststellen, dass wir über Talente verfügen, die dort oben von großem Nutzen sein werden. Und auch unsere Nachfahren sind an Bord.“

Dalya zog die Luft hörbar ein.

„Zugegeben, es sind bei weiterem nicht so viele, wie die Da’al. Aber auch sie müssen überleben, damit unsere Rasse überlebt.“

Er blickte hoch und sah sie beschwörend an. „Wir sind eine Rasse von Verfolgten, die sich in einer Rasse von Verfolgten versteckt. Sie werden - ohne es zu wissen - unsere Fähigkeiten gut gebrauchen können. Wir können uns in Stresssituationen besser kontrollieren und meist klarer denken. Und kommen länger ohne Sauerstoff aus, was bei einem Angriff der Na-u über das Leben der Nachkommen entscheiden kann.“

Dalya saß für einen Moment einfach sprachlos da.

„So einfach ist das?“, fragte sie den Kommandanten.

„So einfach ist das!“, bestätigte er ihr. Dann stand er auf und hielt ihr seine Hand hin, bevor er sagte: „Viel Erfolg beim Start und eine gute Reise, Paragonin Dalya.“

Sie ergriff seine Hand und schüttelte sie einmal entschlossen.

Sie würde zu den Sonnen fliegen und die Nachkommen der beiden Rassen beschützen. Es war egal, wer sie war. Das Ziel war für alle gleich.

Sie verabschiedete sich vom Kommandanten, verließ das Büro und ging in Richtung Hangar.

Dalya würde die ihr zugedachte Aufgabe zur vollsten Zufriedenheit - vor allem ihrer eigenen - erfüllen. Und nach ihrer Rückkehr mit ihren Eltern zusammen essen.

4 Kommentare

  1. Diese Geschichte ist wirklich schwer zu bewerten. Die Idee dahinter ist interessant und man merkt das sich beim Aufbau dieser kleinen Welt viel Mühe gegeben wurde. Allerdings schafft die Geschichte es leider nicht, meine Emotionen zu wecken und ein befriedigendes Ende zu schaffen. Der Anfang ist ziemlich verwirrend, da ich zunächst nicht verstanden habe, wer oder was die Da’al genau sind. Sie scheinen keine Merkmale zu haben die sie von Menschen unterscheidet, weshalb es mir unsinnig erscheint, diesem Volk einen besonderen Namen zu geben. Auch ist der Start der Geschichte ziemlich langatmig. Dalya kaut in der ganzen Geschichte eigentlich die ganze Zeit immer nur die selben Gedankengänge wieder und wieder durch. Bis auf das kurze Gespräch mit den Eltern weckt das wenig Emotionen in mir. Insgesamt wirkt es für mich etwas so, als wollte der Autor/die Autorin eigentlich eine andere Geschichte erzählen. Die Lebenswelt der Da’al wird viel Aufmerksamkeit geschenkt, auch mit ihrem Konflikt mit den Na-u. Das ist zwar im Grunde interessant, raubt aber dem Konflikt um den es eigentlich gehen soll, das untergeschobene Kind und dessen eigentlich leiblichen Eltern, völlig die Bühne. Ich weiß nicht ob dieser Vendor ihr Vater ist oder nicht, ich weiß nicht wie sie es geschafft haben Dalya unterzuschieben und, was mich am meisten Interessiert hätte, ich weiß gar nichts über ihre Kultur und warum genau sie ihre Kinder überhaupt abgeben. Der eigentliche Hauptkonflikt ist so unemotional, dass ich mich mehr um das Schicksal der Da’al als Ganzes interessiere als über das, was mit Dalya passiert. Den Plot, dass sie am Ende doch eine Wahl hat, habe ich aber ehrlicherweise nicht kommen sehen. Dieser macht aber leider auch den ganzen emotionalen Konflikt zunichte, da sie einfach mit ihrem Leben weitermachen kann wie bisher. Scheinbar gibt es keine Konsequenzen, so wie vorher noch angedroht. Das Ganze verstehe ich nicht. Ich glaube als eigenständiger Roman, wo es um die Da’al und die Na-u geht, währe die Geschichte deutlich interessanter geworden.

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  2. Das Ende der Geschichte gefällt mir sehr gut, weil es zeigt, dass nicht alles im Leben (auch nicht bei Aliens) nur schwarz-weiß ist und es viele verborgene Wege und geheime Seilschaften gibt.
    Auch die Idee, dass sich eine ganze Zivilisation auf einem Planeten unter Giftwolken versteckt, finde ich sehr interessant.
    Insgesamt verwirrt mich die Geschichte aber ein wenig, mir fällt es schwer zu verstehen, warum die Protagonistin eigentlich ein Kuckuckskind ist …?

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  3. Ich habe diese Geschichte genossen. Es war auch für mich ein Wechselbad der Gefühle. Erst ist Dalya so stolz auf das Erreichte und plötzlich soll sie zu der bösartigen Rasse gehören, die die Widersacher ihrer eigenen Rasse, die sie beschützen soll, sind. Ein schlimmer Konflikt. Ich habe auch die Beklemmung mitgefühlt, als Dalya Angst bekommt, entdeckt und ertappt zu sein - dabei wollten Bewunderer nur ein Autogramm.

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  4. Upps, zu schnell auf eine Taste gekommen. Hier die Fortsetzung meines Kommentars:
    Das Telefonat mit ihrer Mutter und vor allem mit dem Papa fand ich sehr emotional, hat mich berührt und traurig gemacht. Rechtschreibfehler halten sich hier in Grenzen und dass in der direkten Rede in der Höflichkeitsform durchweg "Sie" und "Ihre" klein geschrieben wurde, scheint wohl bewusst so geschrieben zu sein.
    Was mir nichts sagt, ist was genau der "Knochendorn" an der Nase ist. Weder meine KI, noch Google, noch mein Spiegel konnte mich aufklären. Aber vielleicht ist das eine Besonderheit dieser Spezies.

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