DACSF2025_52

DACSF2025_52

Hannahs Entscheidung.

Hannah schreckte auf. Sie griff nach ihrem Smartphone. 03:40h. So früh? Sie stand üblicherweise erst zwischen sechs und halb sieben auf. Was sollte sie jetzt mit der Zeit anfangen? Schlafen funktionierte nicht mehr.

Dieser Traum quälte sie schon seit ihrem letzten Geburtstag. Er kletterte langsam und stetig in ihr Bewusstsein. Zu Beginn nur ein paar Sequenzen. Vor zwei Tagen vervollständigte sich der Traum zu einem Ganzen. Und seither erschrickt sie einmal in der Nacht und ist hellwach.

Ihren zuvor meist traumlosen Schlaf erhellten kleine Blitze. Das Bild einer großen weißen Schale, oder ein Suppenteller erschien von Mal zu Mal deutlicher.

Der Teller füllte sich vom Boden beginnend mit einer braunen zähen Flüssigkeit. Blubbernd stieg der Inhalt bis zum Rand, lief aber nicht über. Das alles erinnerte sie an einen dünnflüssigen Kuhfladen. Es roch nach alter, feuchter Erde. Die Ränder der Schale veränderten sich. Immer noch weiß glichen sie jetzt einer Wand, durchzogen mit höhlenähnlichen Öffnungen. Der Inhalt verwandelte sich zu einem festen, spärlich bewachsenen Boden. Hannah schwebte darüber hinweg. Schweben erfüllte sie mit Freude. Sie wünschte sich, so weiter zu fliegen bis zum Aufwachen. Aber nein. Sie fiel. Immer schneller. Der Untergrund kam näher und sie klatschte in die braune Brühe. Sie konnte nicht mehr atmen und wachte auf.

Trotz der durch den Traum hervorgerufenen negativen Gefühle drängte es sie, zu wissen, was es damit auf sich hatte. Gab es diesen Ort? Sie war sich dessen sicher.

Mit Google und KI fand sie einige Regionen auf dieser Welt, Mesa-Landschaften in Nord- und Südamerika, Grotten und Karstformationen in Europa. Aber nicht das deutlich in ihrer Erinnerung eingebrannte Bild ihres Traumes. Das Drängen, dorthin zu gelangen, verursachte ihr zuweilen Krämpfe in Bauch und Brust.

«Hannah, bist du schon wach?»

Wenn Sie geschlafen hätte, wäre die Ruhe nach der sirenenlauten Frage ihrer Mutter beendet gewesen.

«Ich komme Mam!»

Sie frühstückte und fuhr zur Schule. Mit dem Fahrrad, kein E-Bike, nein ein, wie ihr Vater stets zu sagen pflegte, ein mit den Beinen betriebenes Respektbike.

Es war ja nicht so weit. Ihre Mitschüler teilten sich in zwei Fraktionen. Die einen, die mit ihr die Sportkurse besuchten und sie deswegen schätzten, und all die Bewegunglegastheniker, die ständig nur ihren Daumen trainierten und nichts Besseres hervorbrachten, als sie eine blöde Hexe zu nennen. Intelligenteres fiel ihnen nicht ein. Rote Haare, Sommersprossen, dunkle, fast schwarze Augen, gleich Hexe? Dafür erübrigte sie nicht mal ein Schulterzucken. Ihre Klasse plante aktuell einen Ausflug. Es sollte eine Woche ins Ausland gehen, Frankreich, England und Italien standen schon einmal auf der Auswahlliste. Da das ganze von der Sportlehrerin erdacht worden war, sollten möglichst sportliche Aktivitäten, Natur und Kultur mit auf dem Programm stehen. Ob da etwas zu finden, sein würde? Eine echte Challenge, die alle angenommen hatten. Ein großer Papierbogen, direkt neben der Eingangstür, wartete auf Vorschläge. Ein dicker Edding baumelte daneben ein einem dünnen Strick.

Bislang war die Liste kurz. London, Paris und Superbowl. Nicht gerade einfallsreich und nicht den Vorgaben entsprechend.

Herr Martin, der Geografielehrer, betrat den Raum und verschaffte sich mit einem lauten: «Guten Morgen Klasse, auf gehts.», wie immer Aufmerksamkeit unterstützt von dem Knall, den seine alte Aktentasche beim Aufprall auf das Pult verursachte.

Hannah sah, wie fast jeden Morgen zu Luka rüber. Er saß in der Reihe rechts von ihr weiter vorne und schaute stets stur geradeaus. Sie nahm seit einem Jahr am Judokurs teil und trat sogar dem Kempo Karatesportverein bei. Nur wegen ihm. Alle schwärmten für ihn. Sie nutzte ihre Freude am Sport und beteiligte sich, wo immer er mitmachte. Sie rannte derweil recht schnelle 100 Meter und schleuderte den Speer meist zu einer hervorragenden Note. Der Kampfsport steigerte ihr Selbstbewusstsein und Luka trainierte gerne mit ihr. Wie er stets betonte:

«Man kann sich auf Hannah verlassen, die gibt nie auf und bringt das Team voran.»

Ja, das Team, aber was ist mit ihr. Fehlanzeige. Luka fokussierte sich nur auf die Schule, den Sport und seine Teammitglieder. Zumindest gehörte sie dazu und der Mädchenanteil war echt überschaubar.

«So, Klasse. Wir haben da ja ein sehr spärliches Verzeichnis von möglichen Ausflugszielen für unsere sportlich geprägte Umwelt- und Kulturreise. Mir scheint, dass euer Erdkundelehrer mal wieder ein paar besonders erwähnenswerte Reiseziele im nahen Ausland mit euch suchen muss.»

Ein Raunen breitete sich im Klassenraum aus. Maxi rief mal wieder in die Klasse rein: «Och nee, können wir nicht mit den Metropolen dieser Welt weiter machen?»

«Sich vorher zu melden wäre ein sichtbarer Akt des Respekts Maxi, aber den wirst du in keiner Metropole dieser Welt erlernen. Zählt mir doch mal alle Nachbarländer auf, die wir mit dem Reisebus innerhalb von maximal fünf bis sechs Stunden erreichen können.»

Am Ende standen dann Frankreich, Luxemburg, Belgien, Dänemark, England (Mit Fähre) und die Niederlande auf dem Papier.

«Nun. Nimmt alle eure Tablets zur Hand und sucht mir in den nächsten fünfzehn Minuten einen Ort in einem dieser Länder, an dem es kulturell interessante Besichtigungspunkte gibt und wir auch Sport machen können. Los gehts. Ich werde euren Enthusiasmus in die Note mit einfließen lassen. Auf gehts.»

Es gab einige akzeptable Ergebnisse. Auf den Spuren der Tour de France in Paris mit dem Fahrrad gefiel Hannah besonders. Herr Martin projizierte die von den einzelnen Schülern übermittelten Webseiten mit dem Beamer auf die Leinwand. Dann stockte Hannah der Atem. Auf der Projektionswand sah sie deutlich das Bild der weißen Schüssel aus ihren Träumen. Genau das war es. Die flache Oberfläche, die Höhlenöffnungen.

«Das scheint ja bei einigen von euch Eindruck zu erwecken. Hannah bitte weiteratmen. Luka, was ist dir so besonders aufgefallen, dass du auf einmal kerzengerade auf deinem Stuhl sitzen kannst?»

«Ja, Herr Martin, ich habe da im unteren Bereich gelesen: Kanu- und Kajakfahrten auf der Ardèche in Frankreich mit Start am Naturdenkmal Pont d‘ Arc. Und weltbekannte Höhlenmalereien gibt es auch noch. Aber Kanu fahren wollte ich immer schon mal. So ein spannendes Rafting wäre genau mein Ding.»

Hinten aus der Klasse hörte man mehrfach «eh Krass digga das klingt so lost, bin dabei» und «oh nee viel zu soaked, nix für mich». Hannahs Herz raste. Für sie zählte nur dieses Ziel, da musste sie um jeden Preis hin. Auf die Unterstützung von Luka und ihren Sportfreunden war Verlass.

«Gut dann haben wir schon mal zwei interessante Vorschläge, die wir auf unserer Liste festhalten sollten. Auf den Spuren der Tour de France und Rafting in Frankreich. Klingt doch super. Die anderen Vorschläge zeigen zwar eure Bemühungen, aber sind wohl nicht ganz ernst gemeint? Oder was soll daran sportlich sein am Waffelfreunde Fotowettbewerb in Belgien? Gut sehen wir was Frau Gruber dazu meint und wir sollten dann zügig abstimmen, damit genug Zeit zur Organisation bleibt.»,sprach Herr Martin und verschwand.

Luka und Hannah verbrachten jetzt mehr Zeit miteinander. Beide vereinte ein weiteres Ziel. Rafting und Höhlen an der Ardèche. Die Schüssel, wie sie sie gemeinsam nannten, ist ein Bild der Grotte Chauvet, mit den ältesten Meisterwerken der Menschheit, wie es auf der Homepage heißt, in Valon Pont d’Arc.

Die Sache lief nicht gut. Luca hatte zwar Frau Grubers Account gehackt, was aber die Doodleabstimmung nicht beeinflusste. Er schaffte es nicht, die Daten zu ändern. Paris lag mit fünf Stimmen vorn. Alle Versuche, Mitschüler umzustimmen, schlugen fehl.

Es half nichts. Hannah war der Verzweiflung nah.

Da kam Luka strahlend und pfeifend in den Klassensaal und setzte sich auf seinen Platz. «He Luka! Was ist los?», fragte sie.

Er grinste sie nur an: «Abwarten.»

Hannah sah Frau Gruber den Flur entlang schreiten und setzte sich wieder auf ihren Platz zurück.

Beim Betreten der Klasse fing sie schon an zu lamentieren: «Oh je. Alles für die Katz. Hinsetzten! Wir müssen uns was anders überlegen. Neu anfangen. Immer diese Elektronik. Dabei kenne ich mich damit doch super aus. Egal. Doodle ist kaputt, gelöscht. Ich weiß auch nicht.»

«Frau Gruber, sie können doodle nicht gelöscht haben, das ist eine eigene Webseite.»

«Ja ich weiß, Klugscheißer. Mein Account wurde gehackt und dann abgemeldet. Wenn ich mich neu anmelden möchte klappt nichts mehr. Mein Rechner stürtzt ständig ab.»

Wieder war es Maxi, der Parisbefürworter, der sich meldete. «Das macht doch nichts, ich kann mich ja anmelden und die Umfrage starten.»

«Nein ich will das da keine Unstimmigkeiten oder Unterstellungen der Manipulation entstehen. Ihr nehmt jetzt alle einen Zettel raus und schreibt darauf Paris oder Ardèche. Also eins von beiden. Los gehts. Und dann sammele ich die alle ein und ihr wählt unterdessen zwei Leute, die der Auszählung beisitzen und mit kontrollieren. Ein dritter wird protokollieren.»

Frau Gruber lief nervös auf und ab und sammelte nach und nach die Blätter ein.

«Beeilt euch. Ich muss zurück in die Turnhalle. Meine Klasse wartet.»

Tumult im Flur. Frau Gruber Schreie ließen alle aufschrecken. Frau Gruber schnappte den letzten Stimmzettel, drückte ihn zu den anderen an ihre Brust und rannte auf den Gang. Zwei Schüler sprinteten zeitgleich über den Flur und kollidierten mit ihr in vollem Lauf. Die fliegenden Zettel verbargen die am Boden liegenden Unfallopfer. Luka eilte zur Lehrerin und half ihr auf, ohne dabei nach den Zetteln zu sehen. Die am Unfall beteiligten Schüler, beide aus Hannahs und Lukas Kempogruppe, waren sofort wieder auf den Beinen und sammelten die Zettel ein.

«Frau Gruber, Entschuldigung. In der Turnhalle gab es einen Verletzten und wir wollten nichts falsch machen.»

Die Lehrerin rappelte sich auf und schüttelte sich einmal. «Ok, nimm du bitte alle Zettel und kommt mit zur Halle. Ihr geht zurück in die Klasse und wartet auf Herrn Martin, der kommt etwas später.»

Luka lächelte Hannah an. «Hat doch geklappt.»

Die Auszählung ergab einen Sieg mit zwei Stimmen Vorsprung für die Ardèche. Keiner hinterfragte das Ergebnis. Hannah jubelte innerlich. In dieser Nacht schlief sie traumlos, ohne Unterbrechung, bis ihre Mutter sie weckte.

Die kleine Tour mit drei Stromschnellen unter dem Pont d’Arc hindurch dauerte 1,5 Stunden. Sie erhielten alle zuvor Paddel, Schwimmweste, wasserdichte Behälter, Helm und einen Neoprenanzug. Nach der Unterrichtung und Einweisung wurden sie auf gemietete Zweisitzer-Kanus verteilt. Luka stieg zu ihr ins Boot. Hannah strahlte vor Glück. Ihr Kanu glitt leicht an allen Hindernissen vorbei. Sie agierten wie ein jahrelang eingespieltes Team. Hannah war sich sicher, sie waren füreinander geschaffen.

Diese Klassenfahrt war die Erfüllung all ihre Träume. Luka unterhielt sich mit ihr, sie alberten herum, sie hielten, berührten, umarmten sich zunächst verspielt und nebenbei, bis zu dem einen Moment. Sie besuchten die Grotte Chauvet. Hannah hörte nicht auf die Ausführungen des Guides, sie erinnerte sich nicht an all die Informationen oder Gebäude im Eingangsbereich. Sie stand vor dem Zugang zu einer Höhle mit alten Wandgemälden. Luka hielt sie zurück und nahm ihre Hand. Nachdem alle in der Höhlenöffnung verschwunden waren, küsste er sie. In ihrem Kopf, ihrer Brust, ihrem Körper explodierten tausend kribbelnde Bläschen gefüllt mit Emotionen. Luka zog sie fest an sich.

«Luka! Hannah! Wo seit ihr, schließt zur Gruppe auf.»

Frau Gruber belastete sich von Anfang an mit der Verantwortung für Alle und Alles auf dieser Tour, obwohl es insgesamt vier Lehrer waren, die zu ihrer Unterstützung da waren.

Luka nahm Hannahs Hand und sie betraten die Höhle. Sofort überwältigte Hannah ein neues Gefühl. Heimweh oder Fernweh? Sie wollte unbedingt irgendwo anders sein. Weit weg. Sie sah zu Luka, der davon nichts bemerkte. Sie erreichten die ersten sanft ausgeleuchteten Kritzeleien an den Sandsteinwänden und Luka ließ ihre Hand los und erkundete alles genau.

Hannah zog es unbedingt in die nächste Höhle. Eine weitere Gruppe von Jugendlichen erreichte den Höhlenraum und Frau Gruber jammerte. Sie hatte die Kontrolle verloren und ergab sich den Ausführungen des Guides.

Hannah folgte einem unsichtbaren Faden, der sie in eine kleine Nebenhöhle führte. Dort an der Wand erkannte sie einige rotbraune Punkte, die, je länger sie sie anstarrte, zu glitzern und zu funkeln begannen.

Ein gleißendes Licht brannte in ihren Augen. Sie war Teil einer visuellen Projektion und stand mitten in einer Simulation, wie auf dem Holodeck eines Star-Trek-Raumschiffs.

Ein großes Wesen, ein Riese, bekleidet mit einem Kapuzenumhang näherte sich ihr. Sein Arme ragten unter dem Umhang hervor und sahen nicht menschlich aus, dunkel, mit Schuppen bedeckt. Sein Gesicht lag tief im Schatten der Kapuze. Seine warme, einfühlsame Stimme beruhigte sie. Sie klang vertraut.

«Hallo, mein Kind, wie darf ich dich denn nennen?»

«Hallo, mein Name ist Hannah, und wer sind sie?»

«Nenne mich einfach Unterweiser, denn das werde ich für dich sein.»

«Ich muss aber zu meiner Gruppe zurück.»

«Mach dir keine Sorgen, sie werden dich nicht vermissen und du wirst unversehrt zu ihnen zurückkehren.»

Der Unterweiser löste sich auf. Einfach verschwunden, wie weggebeamt

«Du brauchst kein Bild von mir. Wenn es wichtig ist, werde ich von mir hören lassen.»

Hannahs Herz pochte. Ihre Neugier und ihr überwältigender Drang ‹nach Hause› zu kommen, brachten sie dazu zu bleiben und zu warten.

Die Umgebung strahlte sauber und weiß. Plötzlich stand da ein Sessel. Hannah setzte sich. Das passierte wohl alles nur in ihrem Kopf. Oder?

Bilder huschten über die weiße Fläche. Ein rot-grüner Planet im dunklen All. Blaue Regionen deuteten auf Wasser hin. Kontinente waren zu sehen. Aber die Erde war es eindeutig nicht. Große Kapuzengestalten, wohl Verwandte des Unterweisers, brachten Kisten in ein riesiges Gebilde oder Gebäude. Hannah hatte so etwas noch nie gesehen. Im Hintergrund erkannte sie einen blauen Himmel mit zwei Sonnen und die Szene wiederholte sich immer schneller. Die Sonnen verschwanden und drei Monde erschienen. Wieder und wieder passierte das und immer schneller. Ihr wurde klar, dass eine Menge Tage vergangen und viele Kisten verladen worden waren. Im Moment der Erkenntnis stoppte das Bild.

«Hannah, das war der Ursprung deines Daseins. Nicht erschrecken, du bist Teil der Spezies des Planeten auf dem du jetzt lebst. Ein Teil von dir kommt ursprünglich aber von hier.»

Das Bild mit den Kisten leuchtete auf.

«Diese Aufnahmen wurden vor vierzehn Jahren gemacht, als die Millionen von Sporen auf große Raumschiffe verladen wurden. Sporen, die Basis für unsere Spezies sind und die alle zwanzig Jahre eures Zeitzykluses zu Planeten gebracht werden, die die biologischen und genetischen Voraussetzungen für unsere Entwicklung bieten.»

Hannah atmete tief ein und fragte verwirrt.

«War ich mal solch eine Spore? Ist das eine Invasion? Wird die Menschheit ausgerottet?»

«Nein, ich spüre deine Angst. Wir sind eine friedliebende Spezies und nicht auf Eroberung aus. Da neigt die Spezies, die du Menschheit nennst eher zu Eroberung und Ausrottung.»

«Aber wenn da Millionen Sporen ausgesandt wurden!»

«Millionen ja. Genaugenommen sind es sogar dreihundert Millionen. Die Raumschiffe fliegen nicht zu den Planeten, sondern zu einem unserer Monde. Aber sieh selbst.»

Hannah schloss die Augen. Es fühlte sich alles falsch an. So abstoßend, sie gehörte hier nicht her und sie ist kein Alien. Jede Untersuchung in Ihrem bisherigen, kurzen Leben war problemlos, ohne Besonderheiten verlaufen. Sie hörte gerne, wenn ihre Oma von ihrer Geburt erzählte, und sie hat so viele Bilder gesehen. Sie ist Hannah und sie ist von hier, von der Erde.

«Das bestreitet auch niemand. Du bist von hier, aber du bist nicht allein. Höre auf dich selbst, folge deinen Gedanken.»

Ihre Augen brannten, sie weinte. Etwas Fremdes nutzte ihren Verstand. Die Angst wuchs.

«Ein Alien, in meinem Körper?», Hannah schrie hysterisch, lief auf und ab, kratzte an ihren nackten Oberarmen. «Holt es raus, ich will das nicht!»

«RUHE!»

Die Stimme des Unterweisers donnerte in ihrem Schädel. Hannah ließ sich wimmernd in den Sessel fallen.

«Ihr könnt nicht getrennt werden. Dann sterbt ihr. Höre auf dein Innerstes. Sie ist da. Sie ist ein Teil von dir. Sie braucht dich genauso, wie du sie brauchst. Es ist kein Parasit, der sich durch dich hindurch frisst.»

Hannah schloss die Augen, atmete tief und regelmäßig ein und aus. Sie versuchte ihren Geist zu öffnen. Da war etwas. Ein Gefühl der Trauer, Mitleid, Reue, Angst und Scham. Diese Emotionen stammten nicht von ihr. Sie waren fremd.

«So ist es gut. Verssss......»

Der Unterweiser verschwand, gelöscht. Ihr Umfeld war nicht mehr grell und weiß, nein ein dunkles angenehmes Grün umgab sie. Das passte zu ihr. Sie sah nicht nur, was geschehen war. Sie erinnerte sich daran. Die furchtbare Angst, verpackt mit tausend anderen in einer Kiste. Körperlos, ohne physikalischen Schmerz durchdrang die Furcht, tausendfach gesteigert durch ihre Mitreisenden, ihr Bewusstsein.

Ein unangenehmer Sog packte sie nach dem Öffnen des Transportbehälters. Ihre äußerst dünne Hülle vibrierte beim Passieren einer mit Spannung geladenen Barriere.

«Halt langsam bitte.»

Hannah sprach es laut aus, um sich zu beruhigen, um zu erkennen, dass sie noch sie selbst war. Sie atmete tief durch. Es half und beruhigte sie.

Es gab keine Geheimnisse mehr. Die Alienspore erhielt nicht mal einen Namen. Sie ruhte in ihr, sie wurde ein Teil von ihr. Sie ist auch Hannah. Keine zwei, nein nur eine Einzige.

Sie gelangte durch ein Portal auf die Erde. Die Gedanken der Mitreisenden waren verklungen. Nur vereinzelte Stimmen hallten in ihrer Erinnerung wider. Sie waren gestorben, zerstört durch die zerreißende Energie des Sternentores, zerrieben in einem Malstrom aus elektrischer Macht. Die wenigen Überlebenden verdankten ihr Dasein dem Schwarm. Es stimmte, so funktionierte eine Invasion nicht.

Hannah wurde bewusst, dass die Partikel, die einst in der Summe in der Hülle einer Spore zu ihr gelangten, ein Teil ihres Erbgutes wurden. Es lebten keine zwei Spezies in ihrer Brust, nein, zu der DNA ihrer Eltern gesellten sich weitere Aminosäuren und Basenpaare. Sie schufen sie neu. Die Klarheit befreite sie. Ungeahnte Möglichkeiten wollten entdeckt werden. Sie beherrschte jetzt eine Aliensprache, konnte aber mit niemandem in dieser Sprache reden. Noch nicht.

Kurz vor der Niederkunft ihrer Mutter gelangte sie, als Spore, in deren Körper.

Sie erinnerte sich an den Vorgang der Geburt, die Liebe und Wärme von Vater und Mutter. Es waren die Erinnerungen der Spore, die sich langsam auflöste und ihre ganzen Informationen, die selbst erlebten und die bei ihrer Erzeugung übertragenen, mit ihr teilte.

Es galt, diesen neuen Teil in ihr zu entdecken, die oberflächlichen Erlebnisse in ihrer Tiefe zu ergründen und daraus ihre Entscheidung zu treffen.

Hannah saß auf dem Boden der Höhle. Die rotbraunen Punkte strahlten nicht mehr. Es wirkte düster und bedrückend. Sie wünschte sich, zu Hause zu sein. Nicht auf einem fernen Planeten, bei ihren Eltern. Wo war Luka?

«Ach da bist du ja, ich hab nach dir gesucht.» er legte den Arm über ihre Schulter und zog sie sanft zurück in den Hauptgang der Höhlen. Sie fand hier, was es zu finden galt, denn ihr Drang hier zu sein war verschwunden.

An Lukas fünfzehnten Geburtstag weinte Hannah in ihr Kissen. Der erste heftige Streit mit Luka ließ sie verzweifeln. Die glückliche Zeit seit der Frankreichreise verdrängte die Erinnerung an das Erlebte in der Höhle. Ihr vereintes Ich entfaltete nicht nur neue, mentale Möglichkeiten. Ihre Muskulatur entwickelte sich intensiver, umfangreicher und schneller. Sie wuchs rapide und alles wurde immer leichter. Es war großartig.

Luka freute sich mit ihr. Seine sportlichen Ambitionen und ihre Möglichkeiten brachten sie näher zueinander. Bis zu seinem Geburtstag. Genau genommen begann es schon eine Woche davor. Sie sahen sich in dieser Zeit nur in der Schule. Er sagte alle Sportaktivitäten ab und mied jeden körperlichen Kontakt. Sie bedauerte es, ihn einen blöden Otto genannt zu haben und dass er sich immer mehr wie ein Lauch verhielt. Es zeigte keine Wirkung und das steigerte erst richtig ihre Wut und Trauer.

Sie hatten sich drei Tage nicht gesehen. Nicht mal in der Schule erschien er. Seine Eltern waren verreist. Die Großeltern waren zwar für ihn da, hatten aber keinen Einfluss auf sein Verhalten.

Und dann an seinem Geburtstag kam er kurz vorbei, sagte Hallo und dass er zu seinen Eltern fahren würde, die im Ausland einen Großauftrag hatten und seinen Jahrestag mit ihm feiern möchten. Das war es, ein kleiner Kuss auf die Wange und weg war er. Eine bereitstehende Limousine brachte ihn zum Flughafen.

An diesem Abend träumte sie wieder von der Schüssel und dem, was sie dort erlebt hatte.

Es dauerte zwei Wochen, bis sie von Lukas Großeltern erfuhr, dass Luka nicht zurückkommen würde. Er lebte jetzt in einem Internat in der Schweiz.

Ihre Erinnerungen an eine andere Welt erklommen ihr Bewusstsein, ganz zart, wie eine langsam heranwachsende Knospe. Die Spore trug Erlebnisse ihrer Eltern, an die Zeit, in der sie liebevoll heranwuchs und ihre Erzeuger ihre Kraft und Erfahrungen an sie weitergaben. Es schien eine überlegenswerte Alternative zu sein.

Ihr war klar, dass sie sich an ihrem sechszehnten Geburtstag entscheiden musste. Gehen oder Bleiben. Hier lebte ihre Familie, in ihrem vertrauten Umfeld. Aber das wird nicht von Dauer sein. Schule, Ausbildung und neue Möglichkeiten verändern das Leben und die anstehenden Entscheidungen.

Nachdem Lukas die Schule verlassen hatte, merkte sie schnell, dass genau genommen keine tiefergehenden Freundschaften entstanden waren. Im Sport war niemand mehr bereit, gegen sie antreten, da sie immer siegte und die Titel Nerd und Streber fielen öfter, wenn die anderen sich über sie unterhielten.

An ihrem fünfzehnten Geburtstag überraschten sie ihre Eltern. Sie waren früh von der Arbeit zu Hause.

«Hannah, wir müssen dir etwas Wunderbares erzählen.» strömte es nur so aus ihrer Mutter heraus und ihr Vater strahlte übers ganze Gesicht.

Hannah wartete.

«Bist du nicht neugierig?»

Sie hatte ihre Eltern heute vor der Schule noch nicht gesehen. Ihre Arbeits- und Schulzeiten ließen sich nicht immer synchronisieren. Auf dem Frühstückstisch lag eine Geburtstagskarte, bemalt mit Herzen und Küssen und einem lieben Gruß.

«Ja, dann lass es doch raus.» meine sie nur.

«Ich bin schwanger, du bekommst ein Geschwisterchen. Ha ja!». Ihre Mutter nahm sie an den Händen und hüpfte umher. Sie spielte mit, war sich aber noch nicht selbst im Klaren, ob das so freudig sei.

Vier Monate vor ihrem sechszehnten Geburtstag kam ihr kleiner Bruder zur Welt. Alles drehte sich nur um ihn. Sie musste mehr helfen, eine gute große Schwester sein. Gefragt wurde nicht mehr, nein - du musst doch - lautete jetzt die Aufforderung, etwas zu tun.

Ihre Entscheidung stand bevor. Werden ihre Eltern so einen Schicksalsschlag verkraften. Sie kann ihnen die wahre Geschichte nicht erzählen. Wer würde ihr glauben?

Und dann würden sie erst recht insistieren - ein Lieblingswort ihres Vaters - und sie zum Bleiben drängen.

Luka hatte sich gemeldet. So richtig Old School per Post. Er entschuldigte sich und bedauerte alles sehr.

Nur die Situation seiner Eltern brachten ihn in diese schwierige Lage. Er hatte gehofft, die Trennung würde so leichter sein, war sie aber nicht.

Hannah war wieder etwas fröhlicher. Aber wie sollte sie sich entscheiden. Ihre Eltern werden darüber hinwegkommen. Der kleine Bruder, Lars, wird sie dazu zwingen. Hannah fühlte sich von Tag zu Tag mehr fehl am Platz. Ihre Hoffnung, mit Luka wieder zusammenzukommen, machte es ihr nicht leichter.

An Lukas sechszehnten Geburtstag versuchte sie ihn anzurufen. Keine Verbindung. Sie rief daher direkt auf dem Festnetz des Internats an und fragte nach Luka.

«Hallo, Luka? Ja wer sind sie denn? Ich kann ihnen nicht einfach so Auskunft erteilen.»

«Ja gut, ich bin Hannah, Lukas Freundin.»

«Ah ja, bitte warten sie einen Moment.»

Hannah wartete. Es dauerte.

«Hallo hören Sie? Ja hier ist Lukas Mama bitte bleiben sie dran.»

«Hallo Hannah. Es tut mir leid, dass wir dir die Nachricht nicht persönlich überbringen können» sie schluchzte mehrfach, bevor sie weitersprach.

«Luka ist verschwunden. Er war mit einer Gruppe Jugendlicher beim Bergwandern. Nach einem steileren Abstieg war er plötzlich verschwunden. Wir suchten nach ihm. Die Bergwacht krempelte hier drei Wochen lang alles um. Er ist nicht zu finden. In der Region gibt es auch einige sehr tiefe Schluchten. Die Suche wurde eingestellt, sie haben ihn für tot erklärt.» Ihre Stimme wurde zu Ende immer hysterischer und schließlich weinte sie nur noch. Hannah war sprachlos. Die Stimme der Schulleiterin meldete sich wieder am Telefon.

«Es tut mir sehr leid, Hannah, dass sie das so am Telefon erfahren müssen. Bitte reden sie doch mit ihren Eltern darüber oder gehen sie zu ihrem Schulpsychologen.»

«Danke» mehr konnte Hannah nicht sagen, legte auf und brach in Tränen aus.

Was sollte sie jetzt hier noch halten?

Ihre Entscheidung stand fest. Seit einer Woche träumte sie davon, auf dem Friedhof friedlich spazieren zu gehen. Mitten auf dem Hauptfriedhof in ihrer Stadt gibt es einen großen Platz, in dessen Zentrum ein runder Brunnen angelegt worden war, der schon lange kein Wasser mehr enthielt. Dort musste sie hin.

Morgen war ihr Geburtstag. Sie würde die Schule schwänzen und direkt zum Friedhof laufen. Ihre Mutter nahm vormittags an irgendwelchen Mutter-Baby-Veranstaltungen teil. Ihr Vater kam nicht vor 18:30h nach Hause. Aber zuvor plagte sie noch eine Sache. Wenn sie einfach so verschwände, ließe ihr Vater keinen Stein auf dem anderen auf der Suche nach ihr. Auf dem Weg zur Schule führte dieser über einen kleinen Fluss. Heute Abend war Regen angesagt. Dann strömte der Kleine schon mal beachtlich schnell.

Sie konnte kaum schlafen. Ihre Mutter war schon seit 05:30h auf und stillte den kleinen Schreihals Lars. Sie nahm nur ihre Jacke mit, schwang sich auf ihr Fahrrad. An der Brücke angekommen überlegte sie einige Zeit, wie sie hier einen glaubwürdigen Unfalltatort herrichten könnte. An der seitlichen Böschung gab es eine Querstrebe. Es war eine alte Brücke und historisch erhalten aus Holz gefertigt. In der Linken hielt sie den Lenker ihres Fahrrads und rechts griff sie nach dem Querholz, um sich festzuhalten. Das Rad rutschte sofort den Abhang herunter und zog beachtlich an ihrem Arm. Die Querstrebe hielt das Gewicht nicht. Es krachte laut und Hannah schlitterte samt Rad in den Fluss. Die Pedale des Fahrrades verkeilte sich in der Randbefestigung des Ufers und sie packte das Vorderrad und zog sich daran zurück an Land.

Jetzt wäre beinahe das echt passiert, was sie nur vortäuschen wollte.

Vollbracht. Sie sah sich ihren Tatort noch einmal an und nickte zufrieden.

Das sollten alle als Erklärung für ihr Verschwinden akzeptieren können.

Und ähnlich wie bei Lukas Eltern werden sie sich arrangieren. Es wird zwar dauern, doch es würde funktionieren. Narben werden immer zurückbleiben, aber man kann damit leben.

Je näher sie dem Friedhof kam, desto mehr dachte sie daran, was sie da erwarten würde. Wie würde sie sich verändern? Wie wird das mit der Sprache funktionieren?

Sie war da.

Alles war ruhig. So früh gab es noch keine Besucher auf dem Friedhof. Sie lief zweimal um den Brunnen herum, da hörte sie es. Ein Summen. Die Luft roch verbrannt.

Erinnerungen an den ersten Übergang erweckten die alten Ängste.

Da war es.

Ein kreisrundes Tor zu den Sternen. Sie war jetzt keine Spore mehr.

Auf der anderen Seite stand eine Gestalt. Wieder mit Kapuze. Nur erkannte sie das Gesicht deutlich. Er schritt durch das Tor, nahm ihre Hand und führte sie hindurch.

«Hallo Hannah»

«Hallo Luka»

7 Kommentare

  1. Die Geschichte hat starke Momente – vor allem sobald es in Richtung Traum, Höhle und Identitätsfrage geht. Diese Szenen haben für mich den größten Sog.

    Was mir zwischendurch Spannung rausgenommen hat, war der relativ lange Alltagsteil (Schule, Planung, Lehrerin, Abstimmung usw.). Da passiert zwar viel, aber nicht in Bezug auf das eigentliche Mysterium. Dadurch fühlt es sich nicht wie Spannung, sondern eher wie Warten an. Sobald die Handlung wieder zum Traum/Höhlenmotiv zurückkehrt, ist die Atmosphäre sofort viel dichter.

    Kurz gesagt: Die Mystery-Handlung trägt die Geschichte – je näher sie bei diesem Kern bleibt, desto stärker wirkt sie.

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  2. Eigentlich ganz gut gemacht, aber irgendetwas fehlt mir: die Tiefe der Personen und ihrer Beziehungen.

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    1. Absolut, das habe ich auch gerade gedacht. Mir sind die Hauptcharaktere egal, weil sie so eigenschaftslos bleiben. Sehr schade. Da wurde viel Jugendsprache verwendet, aber es klingt aufgesetzt.

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  3. Einen Teil der Geschichte liebe ich. Flugträume sind die allerschönsten. Diese zarte, zauberhafte erste Liebe. Die Reise an die Ardèche. Auch ich habe dort in jungen Jahren gepaddelt. Allerdings ohne Schwimmweste und Neopren-Anzug. War ein Abenteuer, eine aus der Gruppe ist um ein Haar ertrunken. Die Grotte Chauvet selbst kann man aus konversatotischen Gründen nicht besichtigen. Aber es gibt eine Replik seit 2015, die Grotte Chauvet 2, die von aussen tatsächlich wie eine schlammgefüllte weisse Schüssel aussieht. Das alles fand ich sehr bildhaft und stimmungsvoll.
    Was ich nicht kapiert habe, war, was der Unterweiser Hannah vermittelte. Kisten - Transportbehälter -Sporen - zwei Spezies in Hannas Brust. Irgendwie war mir das anscheinend zu hoch. Unlogisch fand ich, dass Hannah bei Lukas' Internat anruft, um ihm zu gratulieren. Und dann hat sie am Ende seine Mutter an der Strippe, die sagt, dass er seit drei Wochen verschwunden ist. Komischer Zufall, dass die gerade im Internat ist.
    Für die für den deutschen Literaturraum falsch herum gesetzten Gullemets und der falschen Interpunktion am Ende der direkten Rede ("... gesucht.>> er legte ...") kann der Autor /die Autorin nichts, denn das richtig zu machen ist schon ein weit fortgeschrittenes Level.
    Wofür er oder sie aber etwas kann, sind die vielen kleinen flüchtigen Schreibfehler.
    Mal heisst der Luka "Luca", der zerreibende Mahlstrom "Mahlstrom", Frau Gruber Schreie hallen, ein einem dünnen Strich (statt an einem). "Nimmt alle eure Tablets ...", statt "Nehmt alle...".
    Ach Manno! Es ist sowas von schade, dass hier ganz viele Geschichten ohne Korrekturlesen eingereicht wurden. Das ist sowas von lax und unprofessionell und schmälert einfach selbst die tollsten und kreativsten Ideen, die - wie hier - hier wirklich gut sind. Und hat es für die Vertonung bestimmt auch anstrengender gemacht. Immer diese Frage: "Spreche ich die Fehler mit aus, oder korrigiere ich?"

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    2. Sorry, ich wollte schreiben
      der zerreibende "Malstrom" statt "Mahlstrom".
      Und natürlich heisst es "Guillemets".

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  4. Die Geschichte ist ganz nett. Die Erkenntnis, dass mit Hannah etwas nicht stimmt, reift in einem glaubwürdigen Tempo in ihr heran. Doch warum muss sie nach Frankreich in eine Höhle, um die Wahrheit zu erfahren, während sie später nur auf den Friedhof ihrer Stadt muss, um abgeholt zu werden? Wie muss ich mir eine Landschaft in einer Schüssel vorstellen? Was anfangs nach einem bizarren Traum klingt, überzeugt in der realen Welt nicht mehr. Wo kommt die Simulation in der Höhle her? Haben die Aliens dort Holoprojektoren installiert und handelt es sich um eine Vision in Hannas Kopf?

    Dass Luka sich am Ende ebenfalls als Kuckuckskind herausstellt, ist leider keine Überraschung. Ich hatte mir das gleich bei der Meldung über seinen Tod gedacht. Eine Überraschung wäre es gewesen, wenn er tatsächlich gestorben wäre. Warum seine Mutter im Internat ans Telefon geht und Hannah empfiehlt, den Schulpsychologen aufzusuchen, wirkt ein wenig befremdlich. Solche Details reißen einen aus dem sonst sehr spannungsvollen Text heraus.

    Der Schreibstil ist ziemlich gut, sieht man einmal von einer Handvoll kleiner Tippfehler ab, die ich hier nicht alle aufzählen werde. Für so etwas gibt es ein Lektorat. Nur zwei Sätze sind mir arg unangenehm aufgefallen. Zum einen: „Nimmt alle eure Tablets zur Hand“ – es heißt „Nehmt“. Und dann noch: „eh Krass digga“ – krass ist das Adjektiv, Digga das Substantiv.

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