DACSF2025_51

DACSF2025_51

.Die dritte Erde

Leila zog einen Energieriegel aus der Hosentasche, lehnte sich in den Schreibtischstuhl zurück und ließ den ersten Bissen auf ihrer Zunge zergehen. Die knusprige Gemüsekruste zerbrach zwischen ihren Zähnen.

„Die waren früher besser“, murmelte sie, den Blick Jonas zugewandt.

Er legte die Stirn in Falten und neigte den Kopf, als lausche er einem gut gehüteten Geheimnis. „Wann früher?“

Leila kaute nachdenklich, ehe sie leise antwortete: „In meiner Kindheit.“ Ihr Flüstern war kaum mehr als ein Hauch, als könnte das Gestern sie jeden Moment zerbrechen.

Jonas’ Augen verengten sich. „Kindheit ist noch nicht so lange her. Aber du hast Recht: Unsere Gemüsereserven schwinden. Bis unter den Gewächshäusern im Mondorbit wieder etwas nachwächst, vergehen Jahre.“

Sie seufzte und legte die Hälfte des Riegels auf dem Schreibtisch ab. Mit den Fingerspitzen glitt sie über die glatte Folie, als suche sie dort eine Erklärung für ihre Unruhe. „Früher schmeckten die Riegel nach Karotte. Jetzt sind sie… undefinierbar.“

Jonas schüttelte den Kopf. „Vielleicht liegt es am UV-Licht im All. Oder daran, dass wir seit den großen Dürren nichts Essbares mehr hier auf der Erde angebaut haben.“ Seine Stimme wurde leiser, fast besorgt.

Langsam richtete Leila sich auf. Ein Blick über den Rand ihres Monitors führte sie zum Fenster der Schaltzentrale. Ein feiner Salzfilm trübte die Sicht. Dahinter wirbelte das Meer. Wellen türmten sich zu düsteren Gipfeln, als wollten sie die Welt verschlingen.

„Es zieht ein Sturm auf“, sagte Jonas und sprang auf. Sein Bürostuhl quietschte, als er zum Fenster hastete.

Leila folgte ihm, das Herz pochte schneller, während der Wind draußen heulte – und tief in ihr regte sich ein seltsames Sehnen nach etwas, das sie nicht benennen konnte. Jonas zuckte zusammen. „Hast du das gesehen? Da-“, er zeigte hinaus auf das Meer und schüttelte nervös den Kopf.

„Eine Muschel kam vom Himmel und stürzte ins Meer. Sie schillerte wie Perlmutt!“, schrie er.

„Also, Jonas, ich weiß, dass du viel über Meeresbewohner liest, aber ich denke, jetzt übertreibst du ganz schön. Wie kann eine Muschel aus dem Himmel ins Meer stürzen?“

„Und doch, es war eine Muschel und sie war riesig“, beharrte Jonas.

Plötzlich ein Knall von der Halle her. Splittern von Glas. Jonas stürzte zur Tür und riss sie auf. Wassermassen strömten ihm entgegen. Er versuchte die Tür zu schließen, aber es gelang nicht. Im Nu standen er und Leila bis zu den Knöcheln im Wasser.

„Ich habe eine Idee, Komm!“, Jonas nahm Leilas Arm.

„Der Schacht!“, schrie er über den Rücken. „Sie haben ihn in allen Büros für den Notfall eingebaut!“

Jonas stemmte einen Fuß gegen den Rahmen, zog sich hinauf und reichte Leila hastig eine Hand.

„Und jetzt, was jetzt?“, Leilas Stimme überschlug sich fast. „Ich kann nicht da rein, ich habe Platzangst!“

Wir müssen da durch, es ist der einzige Weg nach draußen, keuchte Jonas zwischen feuchten, rauen Kanten.

Leila drückte die Stirn gegen den kühlen Stein, spürte, wie die Decke immer tiefer auf ihre Brust drückte. Ich kann nicht, flüsterte sie, die Worte zerrissen von beschleunigtem Herzschlag. Jeder Muskel in ihrem Körper schrie nach Flucht.

Jonas rückte näher, sein Atem ein flammendes Versprechen. Willst du hier lieber ertrinken?, fauchte er.

Ein hauchdünnes Spinnennetz glitt über Leilas Wange. Es klebte wie eine leise Vorhut des Grauens. Sie biss die Zähne zusammen, als der erste Tropfen einer wässrigen Brühe in ihr Haar fiel. Hinter ihr, vermutlich im Büro, rauschendes Wasser.

Trotz der nassen Klamotten kroch sie weiter. Vor ihr pulsierte der Schacht, als atme er heimlich mit. Leila wollte schreien, wollte zurück, doch Jonas’ ruhige Entschlossenheit hielt sie.

Dann, plötzlich, ein schmaler Streifen Licht ganz vorn. So hell, als habe jemand eine Kerze in den Tiefen entzündet. Ein ferner Ruf, kaum hörbar, verlor sich in der Enge. Jonas spürte es, preschte vor, seine Hand nach dem Schein ausgestreckt.

Ein Schlag, ein Griff, ein Ruck – und Jonas schoss hinaus ins grelle Weiß. Er taumelte, die Augen mit einem Mal blind, fing sich an einer starken Hand. Leila folgte, den Blick noch immer halb in Finsternis.

Seitlich am Ausgang packte man sie, zog sie ins Freie. Betonboden, kühle Luft. Leilas Brust hob sich stoßweise. Sie drehte den Kopf zu Jonas. Er lag zusammengesunken da, auf der Stirn Schweißperlen mit Blutstropfen vermischt. Sie wurden von Arbeitskollegen umringt.

„Ihr habt es geschafft, Gott sei Dank“, sagte einer. Wir befürchteten schon, ihr seid da drin ertrunken.“

Jonas rappelte sich ein wenig auf. „Das hatte ich nicht vor!“

Leila fragte sich, wie man in solch einer Situation Witze machen konnte. Aber so war Jonas nun mal, er versuchte immer aus allem das Beste zu machen und ja, er hatte sie beide tatsächlich gerettet. Sie atmete befreit aus.

Jonas blickte zu seinen Kollegen hoch.

„Habt ihr gehört, woher dieser Knall kam? Es klang wie eine Explosion in der Halle und im nächsten Moment schoss Wasser in unser Büro!“

Der Kollege, der bislang neben ihm gestanden hatte, trat zur Seite und deutete mit dem Kinn nach vorn. „Sieh selbst. Du wirst deinen Augen nicht trauen.“

Jonas’ Blick heftete sich auf die gläserne Eingangstür des Wirtschaftsgebäudes. Zersplittertes Glas funkelte auf dem Boden, und mitten in der zerborstenen Tür steckte eine gewaltige Venusmuschel, die den gesamten Durchgang ausfüllte. Immer wieder öffnete und schloss sie ihr Maul, und bei jedem Auf- und Zuschlag katapultierte eine riesige Fontäne Wasser in die Halle.

Leila starrte mit offenem Mund. „Bedeutet das etwa, dass ich mich umsonst der Qual in dem Schacht ausgesetzt habe, dass wir gar nicht in Lebensgefahr waren?“, presste sie schließlich heraus. „So würde ich es nicht ausdrücken“, einer der Arbeiter trat heran. Inzwischen steht das Gebäude fast einen Meter unter Wasser. Ihr hättet sehr wohl ertrinken können, zum Beispiel wenn ihr ausgerutscht wärt. Außerdem ist das Wasser sehr heiß.“

„Seht nur, die Muschel, sie dreht sich um!“, schrie Jonas auf. Gleich darauf vernahm er seltsame Töne: KU, KU, KU, KU!

Ein stechender Schmerz durchzuckte seinen Kopf. Er presste die Hände gegen die Ohren, um die Töne zu ersticken.

„Hörst du das auch, Leila?“, keuchte er.

Leila schluckte und wandte sich um. „Rauschendes Wasser, vom Meer her, würde ich sagen“, meinte ihre Kollegin neben ihr, die eine ganz andere Wahrnehmung hatte und blinzelte gegen die Sonne.

„Nein“, flüsterte Leila, ohne sie anzusehen. „Diese Klänge kommen aus der Muschel“

Als die fremden Laute erneut anschlugen, verwandelten sie sich in eine ferne, wundersame Melodie. Leila spürte ein Ziehen tief in ihrer Brust, so etwas wie Heimweh. Bilder tauchten auf: Hände, die sie liebevoll umfingen; Stimmen, die ihr vertraut und doch so fern waren; ein Zuhause, das sie nie gekannt hatte.

Seit ihrer Kindheit dachte sie, dass sie im Kindbett vertauscht worden war. Nie hatte sie sich bei ihren Eltern wirklich zu Hause gefühlt. Mit zitternden Knien richtete sie sich auf und trat langsam näher – die Hand ausgestreckt, um die Muschel zu berühren.

„Nein Leila, nein!“, schrie Jonas. Es war ihm schleierhaft, warum sich Leila vor der Muschel nicht fürchtete, obwohl sie vorher im Schacht nicht gerade viel Mut bewiesen hatte. Leila lächelte in sich hinein, als wüsste sie mehr.

Plötzlich löste sich aus dem Inneren der Muschel eine schlanke Gestalt. Ein bläuliches Licht umspielte ihre Konturen, bis klar wurde, dass sie nicht menschlich war.

„Komm, mein Kind, wir gehen heim!“, hauchte sie mit einer Stimme, die in Leilas Ohren zugleich wie Wellenrauschen und sanftes Windspiel klang.

Der Kopf der Gestalt glich dem eines Fisches, großes, dunkles Auge umrahmt von schimmernden Schuppen. Am Hals klappten feine Kiemen, und über ihrem Körper hing ein fließendes, helles Gewand, als sei es aus reinem Licht gewebt. Sie hob die Hände: menschlich geformt. Doch Schwimmhäute spannten sich zwischen den schlanken Fingern. Auch ihre Füße trugen diese feinen Häute.

„Ich bin Naarab, Botin der Ku“, stellte sie sich vor, „gesandt, um dich abzuholen, bevor die Apokalypse diese Erde verschlingt.“

Leila schluckte. „Mich? Warum ausgerechnet mich?“

Naarabs Augen leuchteten weich im Dämmerlicht. „Du wurdest einst, wie alle unsere Kinder, auf diese Welt gebracht, um unter Menschen zu leben. Auf Ku, wo ich herkomme, darf seit Urzeiten kein Wesen seine Kinder selbst gebären. Eine uralte Weise, so alt wie das Weltall, besagt, wenn wir die Kinder nicht abgeben, wird unsere zweite Erde versinken mitsamt dem Ozean in dem wir leben. Die noch lebenden Ku werden alle sterben.“

Jonas stürzte vor, das Herz wie wild trommelnd. Er packte Leilas Arm, noch bevor sie die Hand an die schimmernde Muschel legen konnte. Der Beton knirschte unter seinen Turnschuhen, bevor er sie zurück riss.

„Leila, wach auf!“, keuchte er. Ihre Augen waren glasig, als sähe sie etwas, das für ihn unsichtbar blieb.

Naarab trat auf die beiden zu. Ihre Schuppen funkelten in smaragdgrünen Tönen, und ihre feinen Kiemen glitten an ihrem Hals auf und ab. Die Schwimmhäute zwischen ihren Fingern zogen sich zusammen wie gierige Netze.

Jonas stellte sich schützend vor Leila. „Was tust du mit ihr?“

Naarab schüttelte sanft den Kopf. „Fürchte dich nicht. Ich erzähle dir unsere Legende.“ „Ku war einst ein Planet voller Kontinente, wie eure Erde. Doch eine Sintflut – größer, als wir sie je gekannt haben – verschlang alles Land. Nur wer im Wasser leben konnte, überlebte. Wir wurden zu Meeresbewohnern.“

Jonas presste die Lippen zusammen. „Warum willst du Leila holen?“

Ein blasses Leuchten umspielte Naarabs Gesicht. „Unsere Babys dort wären ertrunken. Also schickten wir sie fort, auf eure Erde. Doch der Zyklus wiederholt sich: Eure Welt steht am Abgrund. Fluten steigen über die Küsten, Feuer verzehrt die Wälder. Die Prophezeiung nennt es Apokalypse.“

Leila riss die Augen auf. „Prophezeiung…?“

„Du bist eines jener Kinder“, fuhr Naarab fort, indem sie Leila direkt in die Augen sah. Und wir wollen unsere Kinder retten, retten vor dem sicheren Untergang, der schon bald sein wird. Auf der dritten Erde muss dein Platz eingenommen werden, so will es unser Großer Weiser, der, der alles erschaffen hat, was ist.“

Naarab hatte, während sie sprach hinauf zum Himmel gesehen. „Mein Kind, auf der dritten Erde erwartet dich das Paradies, Land von unendlicher Schönheit, wasserreiche Flüsse und nicht wie hier alles ausgetrocknet. Dort sind noch unberührte Wälder und im strahlenden Sonnenlicht funkelnde Seen. Alles, was diese Erde hier durch Menschenhand verloren hat.“

Ein leises Summen durchzuckte die Luft. Leila taumelte, ihre Augen fest auf die Muschel gerichtet, als wäre sie in Trance gefangen.

„Leila!“ Jonas griff erneut nach ihr, doch ein gleißendes Licht blendete ihn. Mit lautem Krachen öffnete sich die Muschel wie ein Tor. Leila riss sich von ihm los. Er sprang, ohne nachzudenken.

Schreiende Stimmen blieben zurück wie aus der Ferne, während die Muschel in den Abendhimmel schoss.

Inmitten des Sternenmeers löste sich das Leuchten auf und gab den Blick auf ihre alte Heimat frei: eine blaue Kugel, überzogen von wilden Fluten. Küstenstädte schwanden, Lawinen aus Wasser rissen alles mit sich. Blitze zuckten durch schwarze Wolken. Leila starrte entsetzt auf das Spektakel, das sich aus dem All gesehen, auf der Erde abspielte.

Als Jonas merkte, dass er Leila in die Muschel nachgesprungen war, atmete er auf. Doch er litt mit denen, die in den Fluten ertrinken würden.

Leila klammerte sich an Jonas. Ihr Herz schlug im Takt des entfernten Donners. „Unsere Erde…“

Jonas zog sie mit einen sanften Griff an sich. „Wir haben es gemeinsam geschafft, durch diesen schrecklichen Schacht zu klettern. Wir werden alles schaffen, zusammen.“

„Heißt das, dass du…?“, in diesem Augenblick war Leila alles andere egal, sie sah nur noch Jonas. Um sie herum schwebten dutzende Muscheln, jede so strahlend wie die andere. In ihrem Inneren lauschten die ehemaligen Kinder aus aller Welt ihrer Botin; „Ku, Ku, Ku, Ku!“

Bald flogen sie über einen Planeten, der ihrer Erde wie ein Ei dem anderen glich.

Meere und Kontinente.

Vor ihnen lag die dritte Erde. Die Ozeane wirkten aus der Luft wie flüssiges Licht. Inseln wie schimmernde Muscheln. Am Horizont eine Stadt, deren Türme aus reinem Wasser zu bestehen schienen.

„Willkommen zu Hause!“, rief Naarab den beiden zu und auch den anderen, die aus den Muscheln stiegen, die neben der ihren landeten.

Leila atmete den Duft von feuchter Erde und Blüten ein. Grüne Hügel und Wälder tanzten im goldenen Licht.

Ein Gefühl unglaublicher Ruhe breitete sich in ihrem Körper aus. Sie war endlich zu Hause.

Jonas stand am Ufer des endlosen Meeres, dessen Wellen in allen Farben blitzten. Riesige Rochen und leuchtende Fischschwärme zeichneten Muster in die Tiefe.

„Ihr seht, was euer Herz am meisten begehrt“, erklärte Naarab. „Hier sollt ihr im Einklang mit der Natur leben. Niemals Kriege führen, lieben mit einer bedingungslosen Liebe.zu den Tieren, den Pflanzen und der Natur.

Leila ließ die Hand sinken, spürte das Prickeln der neuen Welt. „Es ist wunderschön…“

Jonas sah sie an, die Sterne in seinen Augen heller als jede Stadtbeleuchtung. „Hier bauen wir unser Leben. Und wenn sie wollen, dass wir unsere Kinder opfern…“ Er hob eine Hand, legte sie auf ihre Brust. „Dann beschützen wir sie.“ Leila atmete tief ein. Ein Lächeln, sanft und entschlossen, legte sich auf ihr Gesicht. „Wir werden gute Eltern sein. Wir widersetzen uns dem uralten Ritual der Ku. Unsere Kinder werden keine Kuckuckskinder sein, die irgendwo auch immer ihr Dasein bei Fremden fristen müssen.“

Naarab näherte sich den beiden. „Ich habe euch zugehört. Auch ihr werdet euch dem großen Weisen nicht widersetzen können, sonst versinkt auch eure neue Erde im Chaos.“

„Wir haben keine Angst vor Etwas, das wir nicht kennen! Die Prophezeiung des Großen Weisen wird sich nicht erfüllen. Wir werden diese Erde lieben und hegen.“

Bald waren Jonas und Leila von vielen Menschen umringt. Sie hatten verschiedene Hautfarben und waren aus den anderen Muscheln gestiegen.

„Wir werden die Erde in Ehren halten!“, riefen sie im Chor. „Und unsere Kinder werden niemals in fremde Hände gegeben auch wenn wir selbst dabei untergehen!“

Epilog

Die Jahre in der neuen Welt hatten Spuren hinterlassen – nicht als Narben, sondern als Muster, wie sie nur das Leben selbst weben kann. Jonas und Leila standen auf einer Klippe, von der aus man sowohl das Meer als auch das endlose Land sehen konnte. Hinter ihnen lag ein Dorf aus schimmernden, muschelförmigen Häusern, gebaut aus Materialien, die sie selbst entdeckt und verarbeitet hatten.

Doch Jonas und Leilas Kinder und Enkel und die Kinder der anderen ehemaligen Kuckuckkinder, auf der gesamten Erde, waren nicht ausgesandt worden. Sie wurden auf der dritten Erde ausgetragen. Und sie hatten gelernt, dass man nicht fortgeschickt werden muss, um Teil von etwas Größerem zu sein.

Eines Abends, als die Sonne wie eine glühende Perle im Meer versank, versammelte sich das ganze Dorf am Strand. Die Ältesten – Jonas, Leila und die anderen Heimkehrer, einst ausgesetzt in fremde Gefilde – erzählten die Geschichte noch einmal. Nicht als Mahnung, sondern als Vermächtnis: „Wir haben den Kreis geschlossen“, sagte die alternde Leila. „Und das ist unsere größte Tat.“

Jonas, auch schon sehr getagt, fügte hinzu: „Vielleicht wird eines Tages jemand von hier aus aufbrechen. Aber dann, weil er es will – nicht, weil er muss.“

Über ihnen funkelten die Sterne, und für einen Moment schien es, als würden einige heller leuchten – wie Muscheln, die sich im Dunkel des Alls öffnen.

Die neue Welt atmete ruhig. Und irgendwo, tief in ihrem Kern, wusste sie: Das All war kein Kuckucksnest. Und die dritte Erde war ein Zuhause – für alle.

Und so schloss sich der Kreis endlich seit Anbeginn der Zeit.

3 Kommentare

  1. Die Grundidee mit den Kuckuckskindern und der Verbindung zwischen Meereswesen und Menschen finde ich sehr kreativ umgesetzt. Besonders gut gelungen ist der Übergang vom Katastrophenszenario (Überflutung, Muschel-Einschlag) hin zur Offenbarung der Herkunft – das erzeugt Spannung und entwickelt sich logisch zur Sci-Fi-Fantasy-Auflösung.

    Allerdings wirkt der zweite Teil (ab dem Einstieg in die Muschel / Reise zur dritten Erde) deutlich anders im Ton als der Anfang. Der Stil wechselt von dystopisch-bedrohlich zu sehr idealistisch und fast märchenhaft. Das ist an sich nicht schlecht, aber der Umschwung passiert sehr schnell, ohne dass Leilas innerer Konflikt ausreichend ausgearbeitet wird. Auch Jonas’ Entscheidung, einfach mitzuspringen, könnte mehr emotional begründet werden.

    Die Botschaft gegen das „Kuckuckskinder-Ritual“ gefällt mir, der Epilog rundet alles ab – allerdings ist er sehr lang und wiederholt die Kernaussage mehrfach. Weniger wäre hier mehr gewesen.

    Insgesamt also: starke Idee, starke Bilder (vor allem mit der Muschel und Naarab), gute emotionale Momente – aber der Mittelteil ist sehr schnell und der Schluss etwas zu ausgedehnt.

    AntwortenLöschen
  2. Hm. Es sind neue Ideen mit der Wasserapokalypse und den Muscheln drin, was nach der Lektüre von nunmehr fast 64 ähnlich gestrickten gelesenen Geschichten richtig wohltuend ist. Aber die Auflösung ist einfach nur NAIV. Die Wesen hätten auf den anderen Erden ihre Kinder auch gerne bei sich behalten. Aber als die Apokalypse in Form von sintflutartigen Überschwemmungen kam, konnten sie weder ihre Kinder noch später sich die Menschheit retten. Sollte die Apokalypse auch auf dem dritten Planeten zuschlagen, würde sämtliches "Gutmenschentum" nichts helfen. Es steht auf jeden Fall nicht in der Geschichte, dass die Apokalypsen die Strafe für Verwerflichkeit oder dergleichen der Wesen waren. Manches ist sehr unlogisch. Erst ist Jonas "mit einem Mal blind", dann sieht er aber "mit eigenen Augen". Er merkt erst hinterher, dass sie er hinter Leila in in die Muschel gesprungen ist. Leila sieht die Muschel und sie denkt als erstes daran, dass sie schon immer das Gefühl hat, im Kindbett vertauscht worden zu sein. Ein Korrekturlesen wäre hilfreich gewesen. In der ersten Hälfte wurden die Anführungszeichen mehrfach vergessen, später heisst es "getagt", statt "betagt", dazwischen schlichen sich unvermittelt Punkte ein, z.B. gleich einer ganz oben vor dem ersten Buchstaben der Überschrift.


    AntwortenLöschen
  3. Die Ökobotschaft ist ja wirklich nett gemeint, wird hier aber nicht konsequent umgesetzt. Die Apokalypse droht nicht, weil die Menschen bzw. die Ku Raubbau an der Natur begangen haben, sondern, weil niemand seine Kinder für ein Kuckucksritual hergeben wollte. Und es kommen noch mehr Logikfehler hinzu. Erst heißt es: „Auf Ku, wo ich herkomme, darf seit Urzeiten kein Wesen seine Kinder selbst gebären. Eine uralte Weise, so alt wie das Weltall, besagt, wenn wir die Kinder nicht abgeben, wird unsere zweite Erde versinken mitsamt dem Ozean in dem wir leben. Die noch lebenden Ku werden alle sterben.“

    Die Erde wird nicht im Ozean versinken, sondern mitsamt dem Ozean? Wohin versinkt sie denn dann? Wenn kein Wesen auf dem Planeten die Kinder selbst gebären darf, gilt das also auch für alle Tiere? Und das nur wegen einem prophezeiten Fluch? Doch es wird noch abstruser: „Ku war einst ein Planet voller Kontinente, wie eure Erde. Doch eine Sintflut – größer, als wir sie je gekannt haben – verschlang alles Land. Nur wer im Wasser leben konnte, überlebte. Wir wurden zu Meeresbewohnern.“

    Okay, die Apokalypse ist also schon Vergangenheit, also wozu noch das Ritual? Ach ja: „Unsere Babys dort wären ertrunken. Also schickten wir sie fort, auf eure Erde.“ Moment mal: Die Ku haben sich zu fischähnlichen Meeresbewohnern mit Kiemen entwickelt, aber ihre Kinder würden auf ihrer Erde ertrinken? Das ergibt überhaupt keinen Sinn!

    Die Beschreibung der Umgebung haut ebenfalls vorne und hinten nicht hin. Die außerirdische Muschel ist in den Eingang des Gebäudes gekracht und hat das Erdgeschoss überflutet. Leila und Jonas retten sich nach oben. Doch dann steht Leila vor der Muschel und berührt sieht. Also ist sie wieder unten, auf dem Boden? Aber dann springt Jonas in die Muschel hinein, also nach unten. Und was ist mit dem angeblich heißen Wasser, in dem die beiden bis zu den Knöcheln standen? Hätten sie sich nicht verbrühen müssen?

    Die Muschel ist selbst pure Fantasy. Organische Raumschiffe sind ja okay, aber in einer Venusmuschel durchs All zu fliegen ist schon reichlich abgefahren. Und wie schnell ist das Ding überhaupt? Kaum eingestiegen, sind Leila und Jonas schon am Ziel. Zwischendrin sehen sie noch apokalyptische Bilder. Projektionen der Vergangenheit? Oder ein Blick aus dem All. Das alles ist sehr verwirrend.

    Das Ende leuchtet mir ebenfalls nicht ganz ein, wo Jonas sagt: „Und wenn sie wollen, dass wir unsere Kinder opfern…“ (…) „Dann beschützen wir sie.“ Es soll doch niemand seine Kinder opfern, sondern nur auf einen anderen Planeten bringen. Und wozu das auf der dritten Erde, auf der die Kinder offensichtlich normal auswachsen können? Ich kapier‘s nicht! Die gute Rechtschreibung kann diese Geschichte leider auch nicht mehr retten.

    AntwortenLöschen

نموذج الاتصال