Achtung:
Die folgende Geschichte enthält Darstellungen von Gewalt und ist daher nicht
für Kinder geeignet.
Der
beschriebene Rassismus dient lediglich der historisch korrekten Darstellung des
Nationalsozialismus, welcher vom Autor und axelschreibt entschieden abgelehnt wird.
Köpfchen muss man haben
von SEBASTIAN BACH
Über den Autor:
Eigentlich war es ein schöner Tag, der die Menschen in den Berliner Zoo lockte. Eigentlich, wären es nicht gerade die 1930er Jahre und würden die Familien mit ihren Kindern nur Löwen und Elefanten bewundern, statt einer Gruppe Afrikaner, die man wie Tiere in ein Gehege gesperrt hatte. Die Gefangenen wurden von den Zoobesuchern mit einer Mischung aus Faszination und Herablassung angegafft. Ihr Unwohlsein sorgte dabei bestenfalls für Amüsement bei den selbsternannten »Herrenmenschen«.
Die Machtergreifung der Nazis lag erst wenige Jahre zurück, doch ihr Rassenwahn hatte die Gesellschaft in kürzester Zeit vergiftet. Was schon lange in der Bevölkerung gärte, brach nun völlig schamlos an die Oberfläche. Menschen derart zur Schau zu stellen wäre in jeder zivilisierten Gesellschaft undenkbar gewesen, doch zu Beginn der 20. Jahrhunderts waren solche Völkerschauen in den weißen Industriestaaten durchaus verbreitet und während der Nazibarbarei völlig normal. Es war allerdings noch nicht einmal das Schlimmste, denn in den Konzentrationslagern fanden noch weitaus abscheulichere Grausamkeiten statt.
Berliner Zoo 1936 |
Heinrich kümmerte das Leid der gedemütigten Afrikaner herzlich wenig und das der Juden und Kommunisten sogar noch weniger. Für ihn waren sie allesamt nur wertlose »Untermenschen«. Der blonde Mittdreißiger war schon als junger Mann Anfang der 1920er in die Partei eingetreten und trug stolz ihr Abzeichen an seinem Jackett. Seine ebenfalls blonde Frau stand mit seinen beiden Söhnen am Gehege und fütterte die Afrikaner mit Brotkrumen, als wären es Enten. Er unterhielt sich währenddessen mit seinem Parteifreund Landolf. »Eindeutig eine niedere Rasse«, kommentierte er.
»Das ist noch gar nichts«, erwiderte sein finster dreinblickender Begleiter, der sich einen Bart wie der Führer stehen ließ. »Vor ein paar Jahren war ich bei einem Zirkus, in dem eine ausgestopfte Affenfrau ausgestellt war. Ein eindeutiger Beweis, dass die Afrikaner vom Affen abstammen.«
»Du meinst Julia Pastrana? Von der habe ich schon gehört.«
»Natürlich hast du das, immerhin bist du Lehrer für Rassenkunde«, meinte Landolf.
»Ja, und ich muss zugeben, dass Darwin recht hatte. Zumindest was die niederen Völker angeht. Wir nordischen Völker stammen dagegen von den Asen ab.« Heinrich fuhr sich stolz durch sein blondes Haar, das er wie eine Krone zur Schau stellte.
»Kommst du heute Abend zum Vortrag von Jürgen? Da könntest du dein Wissen auf den neusten Stand bringen«, schlug sein schmieriger Freund vor.
»Du kannst auf mich zählen«, gab der Blondschopf zurück. Dann wandte er sich an seine Kinder: »Thorsten, Wotan, hört auf, die Tiere zu füttern.«
Am Abend saßen die zwei Faschisten in einem Gasthof nahe dem Wannsee und lauschten dem Vortrag eines älteren Herrn mit einer üppigen grauen Mähne. Heinrich trug immer noch seinen Ausgehanzug mit seinem Parteiabzeichen, Landolf hatte sich derweil umgezogen und war in SS-Uniform gekommen. Das Publikum war ebenso durchwachsen, schwarze Uniformen wechselten sich mit feinen Anzügen ab. Nur das Hakenkreuz war allen gemein, ob als Armbinde oder Anstecker.
Noch alptraumhafter als das Publikum war jedoch der Rassentheoretiker, der seine kruden Theorien verbreitete. Wissenschaftlich gesehen war alles totaler Unsinn und die Sprechweise des Vortragenden zeugte eher von dessen niedriger Intelligenz. Er wiederholte die immer gleichen Phrasen wie eine Schallplatte, die einen Sprung hatte. Bei den Deutschen war seiner Ansicht nach alles großartig, während er anderen Völkern, mit Ausnahme der Römer, jegliche kulturellen Errungenschaften absprach.
Ginge es nach Jürgen, hatten die Germanen das Feuer entdeckt, das Rad erfunden und sogar die Pyramiden erbaut. Letztere schrieb er zwar den Atlantern zu, aber die seien ja auch nur ein Stamm der »arischen Urgermanen« und somit direkte Abkömmlinge der Asen gewesen. Beweise für seine steilen Theorien lieferte er selbstverständliche keine, die kruden Schriften faschistoider Esoteriker genügten ihm als Quelle seiner eingebildeten Weisheit.
Jürgens Vortrag diente ohnehin nur der Legitimation der abscheulichsten Menschheitsverbrechen, die sich bereits im gesamten deutschen Reich abzuzeichnen begannen. Die vermeintlich niederen Völker müssten seiner Ansicht nach unterworfen und gegebenenfalls ausgerottet werden. Nur einige wenige würden als Sklaven oder zu Unterhaltungszwecken benötigt. Alle anderen wären bestenfalls als ausgestopfte Exponate in Rassenkundemuseen zu gebrauchen.
Die Ideologie der Nazis war dermaßen irre, dass sie ohne Skrupel 99,9% der Menschheit ausgerottet hätten, in dem geisteskranken Glauben, dies wäre irgendwie gerechtfertigt. Ihr eigenes Volk vergifteten sie indessen mit Hass und brutalisierten die deutsche Gesellschaft in jeder Hinsicht, sogar in der Kunst und Architektur. Der Faschismus bedeutete die völlige Abwesenheit von Zivilisation, Menschlichkeit und Vernunft. Technologie und Wissenschaft waren nur in so weit interessant, wie sie der Zerstörung dienten.
Jeder anständige Mensch wäre an diesem Abend schon nach dem ersten Satz von Jürgen aufgestanden und hätte die Villa wütend verlassen. Leider mangelte es dem Publikum an Anstand. Im Gegenteil honorierten die rund fünfzig anwesenden Faschisten die geistigen Ergüsse ihres Redners mit tosendem Applaus, bevor sie den Saal des Gasthofes verließen.
Nachdem der Großteil der Nazis abgereist war, standen Heinrich und Landolf noch draußen und rauchten eine Zigarette. Die Sonne war bereits untergegangen und anderen, weiter entfernten Sternen gewichen. Zwischen diesen bemerkte der SS-Offizier eine Bewegung und wandte sich an seinen Freund: »Schau mal, was ist denn das da?«
In den 1930ern gab es noch keinen nennenswerten Linienflugverkehr und erst recht keine Satelliten. Ein sich bewegender Lichtpunkt war in dieser Epoche etwas sehr Ungewöhnliches. Erst recht, wenn ein solches Objekt plötzlich beschleunigte. Es kam in ihre Richtung und zog derart schnell über ihren Köpfen hinweg, dass sie keine genaueren Details ausmachen konnten.
»Na, was starrt Ihr denn an?«, fragte sie Jürgen, der gerade als Letzter aus dem Gasthof kam.
»Ach, nur eine ungewöhnlich helle Sternschnuppe«, entgegnete Heinrich. Das war die einzig logische Erklärung, die ihm dazu einfiel.
»Na dann könnt Ihr Euch ja wünschen, dass wir die Erde von den Untermenschen säubern«, meinte der Rassentheoretiker und setzte ein bösartiges Grinsen auf. Dann verabschiedete er sich. »Noch einen schönen Abend Euch beiden. Heil Hitler!«
Die beiden erwiderten den Gruß und rauchten in Ruhe ihre Zigaretten zu Ende, während Jürgen in seinen Mercedes stieg und den Heimweg antrat. Schließlich fuhren auch Heinrich und Landolf mit einem VW-Käfer los.
Nach rund zwei Kilometern stießen die beiden Nazis auf Jürgens Mercedes, der am Straßenrand stand. Das Licht brannte noch und die Fahrertür stand offen.
»Was ist denn da los?«, fragte Heinrich.
»Wahrscheinlich ist er nur kurz hinter die Bäume, pissen«, spekulierte Landolf.
Heinrich bremste ab und parkte seinen Wagen knapp vor dem des Rassenkundlers. »Ich sehe mir das mal an«, sagte er und stieg aus. Als er sich dem Mercedes näherte, erkannte er eine gebeugte Person darin. Nach ein paar Schritten blieb Heinrich erschrocken stehen und stammelte: »Ach du Scheiße! Was ist denn hier passiert?«
Sein SS-Freund war inzwischen ebenfalls ausgestiegen und schloss zu ihm auf. Kaum erblickte dieser die geköpfte Leiche, die noch mit dem linken Arm nach der Tür griff, musste er sich spontan übergeben. »Beim Führer, das ist ja widerlich!«
Der Tote wirkte, als wollte er gerade aussteigen, als irgendetwas sein Leben beendet hatte. Der Hals war mit einem sauberen Schnitt durchtrennt worden. Von seinem Kopf fehlte aber jede Spur, sodass es sich wohl kaum um einen Unfall handeln konnte.
»Wer macht denn nur so etwas?«, fragte Landolf und spuckte die letzten Kotzebröckchen auf die Straße. »Ein jüdischer Ritualmord? Oder ein kommunistischer Terroranschlag?«
»Keine Ahnung«, entgegnete sein Freund. »Aber wir sollten vorsichtig sein, der Täter ist vielleicht noch in der Nähe.« Er hatte den Satz gerade erst beendet, da hörte er von hinten eine Klinge durch Fleisch schneiden und eine Sekunde später purzelte ihm der Kopf seines Kameraden vor die Füße.
Erschrocken drehte sich Heinrich um und blickte einer furchterregenden Kreatur in die großen grünen Augen. Vor ihm stand ein Wesen mit einem gewaltigen Schädel, das eindeutig nicht von dieser Welt stammte. Seine Stirn war hoch, die Nase lang und platt, der breite Mund befand sich dort, wo sich bei einem Menschen das Kinn befinden würde. Überzogen war der Schädel mit einer violetten, knittrigen Haut.
Langsam löste sich der Blick des Nazis vom Kopf des Wesens und fuhr nach unten. Der Außerirdische trug eine metallische Rüstung und hielt eine futuristische Machete mit bläulich glühender Klinge in der immer noch ausgestreckten rechten Hand. Heinrich wusste nicht, was ihm mehr Angst einjagte: Die Kreatur an sich oder ihre fürchterliche Waffe.
»Was willst du von mir?«, schrie der verängstigte Erdling.
Der Außerirdische rümpfte die kantige Nase und antwortete mit überaus tiefer Stimme: »Deinen ausgestopften Körper!«
Unweigerlich musste Heinrich an die Unterhaltung vom Nachmittag denken. So abfällig wie er und Landolf über Julia Pastrana gedacht hatten, so dachte offenbar dieses Alien über ihn und seinen Freund. Für diesen Außerirdischen waren sie die niedere Art, die man zu Anschauungszwecken in einem Museum, oder schlimmer noch als Attraktion auf einem Jahrmarkt ausstellen würde. Es war der letzte Gedanke des Rassenkundelehrers, bevor ihn ein vergifteter Pfeil traf. Ehe er das Bewusstsein verlor, sah er noch das hämische Grinsen in der finsteren Visage des Außerirdischen, der langsam das Blasrohr in seiner Linken sinken ließ.
Auf einem fremden Planeten, Lichtjahre von der Erde entfernt, befand sich ein Basar in der Nähe eines Raumhafens. Die Stände und Zelte waren in das rötliche Licht eines Zwergsterns getaucht, das für die großen grünen Augen der einheimischen Spezies sehr angenehm war. Auf dem Marktplatz tummelten sich allerdings auch Besucher aus zahlreichen anderen Welten. In der Masse wimmelte es von großen insektenähnlichen Wesen, die wie Gottesanbeterinnen aussahen, komplett mit Pelz bedeckten Riesen, die auf der Erde die Legende von Big Foot befeuert hätten, Reptiloiden auf der Suche nach einem Snack und Humanoiden, die kaum von Menschen zu unterscheiden waren.
Unter den Händlern gab es dagegen nur wenige Fremdwelter. Kein Wunder, denn auf den meisten Planeten gab es kein Geld. Die Wirtschaft der höher entwickelten Zivilisationen funktionierte anders, effizienter und gerechter. Da sie Zugriff zu einem Überfluss an Edelmetallen und anderen wertvollen Ressourcen hatten, konnten sie jedoch durchaus Handel mit weniger entwickelten Welten wie dieser treiben. Aus dem Grund gaben die Preistafeln an den Ständen nicht nur die einheimische Währung an, sondern ebenso alternative Zahlungsmittel.
Ein Mensch hätte die violetten Schriftzeichen, die entfernt an Runen erinnerten, freilich nicht lesen können. Die zahlreichen Kunden aus unterschiedlichen Welten waren allerdings entweder mit der einheimischen Sprache vertraut oder hatten kleine transparente Geräte dabei, mit denen sie sich alles übersetzen ließen. Jeder, der hierher kam, wollte etwas haben, wobei auch exotische Geschmäcker bedient wurden.
Mit einem Händler wollten allerdings nur die Wenigsten zu tun haben. In seinem Verkaufszelt wimmelte es von ausgestopften Tieren, Schädeln und anderen Trophäen, die allesamt von unterentwickelten Planeten stammten. Auf den meisten gab es kein intelligentes Leben, doch der Anzug eines präparierten Humanoiden von der Erde deutete darauf hin, dass der Besitzer dieses Gewerbes durchaus auch halbwegs intelligente Lebensformen wilderte.
Schrumpfköpfe aller Art |
»Wie bekommen Sie die so klein?«, fragte eine blauhäutige Frau von pummeliger Statur.
»Das war gar nicht so schwer. Die waren schon vorher größtenteils hohl, das hat den Schrumpfungsprozess erheblich vereinfacht«, antwortete der Jäger, auf dessen Rüstung immer noch eigetrocknete Blutspritzer seiner Beute klebten.
»Hatten die überhaupt eine Chance, sich zu wehren?«, fragte ein katzenartiges Alien, welches ebenfalls eine Rüstung trug, die jedoch weitaus reicher verziert war.
»Nun ja, ich habe diese Exemplare in der Nacht überrascht…«
»Wie unehrenhaft«, kommentierte die pelzige Gestalt mit den großen, aufrecht stehenden Ohren.
»Nicht direkt. Die Kultur dieser Exemplare ist absolut barbarisch und rassistisch. Die haben es nicht anders verdient«, rechtfertigte sich der Händler.
»Das ist kein Grund, es denen gleich zu tun.« Mit einem abfälligen Schnauben verließ das katzenhafte Wesen das Verkaufszelt, dicht gefolgt von der blauhäutigen Frau.
Was für eine lausige Kundschaft, dachte der Händler.
Als nächstes trat eine Dreiergruppe humanoider Aliens mit langen roten Haaren ins Zelt. Einer war offensichtlich männlich, die anderen beiden weiblich, wie ihre eng anliegenden, silbrigen Overalls verrieten. »Ah, jetzt verstehe ich, woher die finstere Aura kommt«, sagte eine der Frauen mit Blick auf die Trophäen.
»Ich habe all diese Tiere selbst erlegt«, verkündete der Jäger stolz. »Wofür kann ich Euch denn begeistern? Einen Kronleuchter aus Schädeln und Knochen? Oder vielleicht einen lustigen Schrumpfkopf als Briefbeschwerer? Wie sagt man auf der Erde so schön? Köpfchen muss man haben!«
»Der Handel mit derartigen Waren ist in der galaktischen Föderation illegal«, bemerkte der Mann, dessen Züge fast so weich waren, wie die seiner Begleiterinnen.
»Na zum Glück befinden wir uns hier nicht auf dem Territorium der galaktischen Föderation«, rechtfertigte sich der violetthäutige Händler.
»Der Import ist ebenfalls illegal«, gab der Rotschopf zurück. »Außerdem finden wir solch obszöne Trophäen widerlich. Da suchen wir lieber nach anderen Souvenirs.«
»Oh wie furchtbar«, entfuhr es einer der zierlichen Frauen, die gerade den ausgestopften Erdling und die beiden Schrumpfköpfe entdeckt hatte. »Dieser grausame Jäger macht auch Jagd auf intelligente Spezies.«
»Ach, so intelligent waren die nun auch wieder nicht.« Der Händler rümpfte seine kantige Nase. »Außerdem waren das brutale Rassisten, die sogar ihre eigene Spezies dahin gemeuchelt haben.«
»Mag sein, dass die Erdlinge Abschaum sind, aber Ihresgleichen sind nicht wirklich besser«, entgegnete die andere Frau. »Ihr Volk tötet ebenfalls aus Spaß und Geldgier.«
»Wir töten aber niemals Unseresgleichen oder Spezies, die echte Intelligenz besitzen. Ebenso töten wir niemals Unschuldige. Im Gegenteil, vielleicht habe ich sogar Leben gerettet, indem ich diese Barbaren ausgeschaltet habe. Ihr solltet mal die Konzentrationslager auf deren Heimatwelt sehen, in denen diese Kreaturen ganze Familien abschlachten.«
»Wir mischen uns nicht in die Belange unterentwickelter Spezies ein«, sagte der Rothaarige.
»Interessant. Das bedeutet also, dass Ihr einfach teilnahmslos zuseht, wie sich auf der Erde ein Genozid anbahnt.« Die Antwort bestand aus einem resignierten Gesichtsausdruck. »Wenn das so ist, muss ich mir hier keine Moralpredigten anhören.«
»Ihresgleichen greift auch nicht gerade aus Nächstenliebe ein, sondern nur, um Trophäen zu erbeuten und diese dann gewinnbringend zu verkaufen.« Der Mann wandte sich ab. »Kommt, wir verschwinden hier. Dieser Ort ist mir zu düster.«
Die beiden Frauen folgten ihrem Begleiter. Die Jüngere blieb jedoch kurz stehen, drehte sich um und blickte dem Jäger in die Augen. Unvermittelt durchlebte er die letzten Momente seiner Opfer und griff sich an den Hals, als wäre dieser gerade durchtrennt worden.
»Verdammte Telepathen! Raus hier und beehrt mich bitte nie wieder!«
Es dauerte einige Minuten, bis sich wieder jemand in das Verkaufszelt des Jägers verirrte. Diesmal war es ein reptiloides Wesen von muskulöser Statur. Es hatte eine grünliche Haut und orangegelbe Augen mit geschlitzten Pupillen. Die dunkle Robe deutete wohl darauf hin, dass der Besucher zur religiösen Kaste seiner Spezies gehörte.
»Eine respektable Sammlung«, kommentierte das Reptil mit einer kratzigen Stimme. Dann wandte er sich dem ausgestopften Nazi zu. »Wie ich sehe, warst du auf der Erde.«
»Ja richtig.«
»Hmm, mein Volk hat ebenfalls ein großes Interesse an diesem Planeten. Die Erdlinge schmecken einfach köstlich. Allerdings hast du welche getötet, die wir für unterstützenswert halten.« Das schuppige Wesen zischte finster.
»Das waren doch nur inhumane Barbaren, die ihresgleichen töten.«
»Genau deshalb waren diese Exemplare ja so interessant für uns. Deren Grausamkeit ist unser Lustgewinn.« Der Repto fuhr sich mit seiner gespaltenen Zunge lüstern über die Oberlippe. Diese Geste wie auch die Aussage war selbst für den Jäger verstörend, sodass er abfällig schnauben musste. Gleichzeitig bekam er eine Gänsehaut. Dieser Besucher war ihm nicht geheuer.
»Das nächste Mal, wenn du zur Erde reist, fang ein paar unschuldige Kinder. Am besten lebend. Vielleicht kommen wir ja dann ins Geschäft.« Mit diesen grässlichen Worten verließ der Reptiloid das Zelt.
Der Händler hoffte, dass er diesem Wesen nie wieder begegnen würde. Genauer betrachtet galt das für all seine Kunden, die ihn in der letzten Stunde aufgesucht hatten. Die einen meckerten, dass sein Sortiment grausam sei, den anderen war es nicht grausam genug. Er beschloss, nie wieder zur Erde zu fliegen. Die Ware von dort war einfach zu kontrovers.
Hui, heftig, heftig. Diesen Wechsel der Perspektive gab es schon, ich persönlich empfinde ihn auch als sinnvoll und lesenswert. Hier an der konkreten Geschichte hat mir das Setting sehr gefallen, von den Nazis zum "Alien-Basar", mit einem Hauch von Verschwörungstheorien: reptiloide Aliens, die kleine Kinder entführen lassen. Als störend für den Lesefluss habe ich ich die starke sprachliche Abwertung der Nazis durch entsprechende Adjektive erlebt. Insgesamt vergebe ich *** (3/5 Sternen).
AntwortenLöschenAnmerkung: Ich lehne das Gedankengut des Nationalsozialismus auch entschieden ab, glaube aber, dass es einer Geschichte schadet, wenn die Abwertung schon im Text so plakativ deutlich gemacht wird. Hier wäre eine Auseinandersetzung sinnvoller, die den Leser motiviert, solche Einschätzung selbst vorzunehmen.
LöschenBei dieser Geschichte bin ich fast ausgestiegen. Das meiste ist ganz passabel geschrieben, aber was beschrieben wird und mit welcher Beiläufigkeit es geschieht, hat mich ehrlich gesagt abgestoßen. Das sollte es wohl auch und jeder muss selbst für sich herausfinden, wie er die Vermischung von realen historischen Fakten und Sci-Fi einordnet. Ein wichtiges Beispiel für eine solche Vermengung, das ich persönlich als gelungen bezeichnen würde, wäre u. a. Dicks "Das Orakel vom Berge". Von einer Kurzgeschichte zu verlangen, der Brisanz eines Themas wie diesem gerecht zu werden, halte ich für vermessen, gleichwohl ist es legitim, es zumindest zu versuchen. Dennoch enthalte ich mich einer Sternbewertung.
AntwortenLöschenAlso ich fand diese Geschichte ziemlich lustig und auch nicht übertrieben Gewalttätig
AntwortenLöschenStory **
AntwortenLöschenStil ***
Originalität ***
Gesamt 2 2⁄3 von 5 Sternen
Ich bin nicht so SF-erfahren. Gerade deshalb habe ich mich bei der Geschichte ein wenig "zu Hause" gefühlt. Nazi
AntwortenLöschenSry, der erste Kommentar wurde versehentlich zu früh abgeschickt.
AntwortenLöschenAlso: Nazis & SF verbinden sich hier. Ich fand es nicht grausam. Ich fand es sogar vertraut. Vielleicht, weil ich auch gleich wusste wer Julia Pastrana war und ihr Bild vor Augen. Völkerschauen. Den Blick auf "Minderwertiges". Wir schauten damals wirklich auf Lebewesen mit einer Abscheu und befremdlicher Neugierde auf andere Menschen, wie sie zwischen Aliens und uns oder anders herum nicht anders sein könnte. Das Vertraute Befremden gemixt mit dem Blick der Außerirdischen auf uns hat mir deshalb sehr gut gefallen. Sprachlich fand ich es top.
Fünf von fünf Sternen *****
Ich fand diese Geschichte sehr witzig. Sie ist originell erzählt und hat mich begeistert.
AntwortenLöschenVier Sterne.
Auch wenn der Gewaltpegel etwas hoch ist, finde ich die Moral der Geschichte sehr gut. Der Alien ist am Ende nicht besser als die Nazis. Deren Darstellung finde ich gut getroffen und es ist auch okay, dass der/die Autor*in hier eine Wertung vornimmt. Anderfalls könnte er/sie in den Verdacht geraten, Rassismus zu verherrlichen. Das kann und sollte man nicht neutral schreiben. Den Seitenhieb auf die Reptos finde ich ganz amüsant, da diese Verschwörungstheorie oft in rechten Kreisen kursiert. Eine nette Retourkutsche und der schwarze Humor lockert die Geschichte etwas auf.
AntwortenLöschen5/5 Sterne
Handwerklich einwandfrei. Schön und flüssig zu lesen. Anfangs düster und schaurig, dann plötzlich echt lustig.
AntwortenLöschen"Wie bekommen Sie die so klein?«, fragte eine blauhäutige Frau von pummeliger Statur.
»Das war gar nicht so schwer. Die waren schon vorher größtenteils hohl,"
Made my day.
Trotzdem: dieser Stilwechsel hat mich etwas gestört. Der zweite Teil der Gewchichte war dann einfach nicht mehr so passend. Meiner Meinung wäre der Satz "die waren vorher schon hohl" ein wirklich genialer Abschluss der Geschichte gewesen.
Werde für diese verpasste Gelegenheit leider einen Punkt abziehen. Schweren Herzens, denn der erste Teil der Geschichte hat mich unglaublich berührt.
4 von 5 Sternen
AntwortenLöschenIch finde, dass zu sehr und zu oft betont wird, wie böse der Faschismus ist. Das stört die Geschichte. Es ist auch so schon klar, dass es keine den Nationalsozialismus verherrlichende Geschichte ist. Story finde ich sehr originell.
AntwortenLöschenMir fehlt ein wenig die Pointe oder der Höhepunkt. 2,5/5 Sternen
AntwortenLöschenEine Pointe ist doch durchaus erkennbar. Der Alien ist am Ende nicht besser als die Nazis und bleibt deshalb auf seiner Ware sitzen.
LöschenSehr interessante Geschichte mit einem pfiffigen Konzept. Mir gefällt das Ende sehr gut, Sci-Fi mit politischem Anspruch finde ich klasse!
AntwortenLöschen5 von 5 Punkten!
Der Autor hat Köpfchen. Die Geschichte ist lustig und befasst sich aber auch sehr gut mit Grausamkeit und Diskriminierung. Ich gebe 5 von 5 Sternen.
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