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Gedanken zum Lekorat

Was macht ein Lektor?


Wenn ich andere Autoren frage: »Du, wo lässt Du lektorieren?«, dann kommt oft die Antwort: »Ich habe leider kein Geld dafür übrig und wie finde ich den richtigen Lektor? Das macht ein Freund oder die Testleser.«


Natürlich bekomme ich diese Antwort nicht, wenn die Schreibenden bei professionellen Verlagen untergekommen sind. Denn dann hatten sie entweder vorher schon einen Lektor gehabt oder vom Verlag organisiert bekommen. Beides macht aus meiner Sicht Sinn.


Ein guter Lektor fällt nicht vom Himmel. Man trifft sich nicht zufällig auf der Straße. 

Je nach Genre trifft man oft erfahrene schreibende oder mindestens belesene Lektoren, die sich in dem Bereich, den sie betreuen, bestens auskennen.


Sind Generalisten dann fehl am Platz?


Kein offener Mensch ist fehl am Platz. Manchmal sieht derjenige, der sich nicht im Fachslang auskennt, wenigstens noch den Wald von außen und kann den Schreibenden helfen, Neu-Leser der Materie näher zu bringen. Da wird der alteingesessene Lektor vielleicht schon zu befangen sein. Ich denke, dass ein gutes Lektorat ebenso wie eine fantasievolle Geschichte eines braucht: kindliches Denken.


Wenn der Lektorierende es schafft, sich in die Welten des Schreibenden zu versetzen, dann holt der Roman ab. Natürlich ist das auch bei Sachbüchern von Vorteil. Glaubt ihr nicht? Ich schon. Nehmen wir zum Beispiel die philosophischen Diskussionen Moritz Schlicks zu Einsteins Theorien die er in langen Briefen mit ihm geführt hatte, die wiederum nur entstehen konnten, weil Einstein ein Freund der Philosophie war. Er verehrte Kant und hatte schon in seinen jungen Jahren eine kleine Diskussionsrunde mit einer gemischten Gruppe, der führend Maurice Solovine angehörte, welcher später als langjähriger Freund Einsteins Schriften übersetzte und dabei sicherlich auch einiges verändern durfte.





Was muss ein guter Lektor können?



Ach ja, klar lektoriere ich den Text, denkt sicherlich der ein oder andere Laie und hält sich dabei für den Besten. Aber ist man auch automatisch ein guter Lektor, wenn man einen Text versteht und ihn vielleicht besser schreiben kann? Die Antwort wisst ihr selbst: Nein, absolut nicht.


Obwohl es so einfach klingt, ist es alles andere als das. Die Spreu trennt sich vom Weizen, wenn man das richtige Gesamtpaket mitbringt. Ein Lektor muss gut erklären können, was an einem Schreibstil verbessert werden kann. Dazu muss er in der Lage sein, zu verstehen, ob sein Gegenüber folgen kann, ohne dichtzumachen.


Ich habe das schon oft bei meinen eigenen Texten erlebt. Da kommt also jemand und kritisiert dich vom ersten bis zum letzten Wort. Das führt nachher so weit, dass der gesamte Text so aussieht, als stamme er nicht aus der eigenen Feder. Das geht nun wirklich zu weit. Da muss ein Lektor eine gute Einschätzung der Grenzen mitbringen.


Natürlich bin ich anfangs für ihn das unbekannte Wesen, doch schon aus dem ersten Gespräch mit dem Autor nimmt der Lektor eine Einschätzung mit, ob sich eine Zusammenarbeit ergibt.


Die Art und Weise in der mein Lektor das Buch mit mir an den Start bringt, ist bei einem guten Lektor eine individuelle Herangehensweise, die bei jedem Autor anders sein kann.

Autor und Lektor im Gespräch


Lektoren brauchen vor allem Feingefühl für gute Autoren. Hier ist wichtig, dass die Chemie stimmt. Wenn die von Anfang an zu Reibungen führt, kann man das Projekt nur in Etappen meistern. Damit komme ich schon zum nächsten Punkt. Als Autor bin ich eher chaotisch, aber der Lektor ist meine Schnittstelle zum Verlag oder zum Veröffentlichungstermin. Ohne das Okay des Lektors sollte das Buch nicht an den Markt gehen. Deshalb sind Orga und Termin-Management ein weiterer wichtiger Skill für gute Lektoren.


Natürlich ist es hilfreich, wenn der Lektor das Genre kennt, aber die anderen beiden Punkte finde ich noch viel wichtiger. Vielleicht liegt das auch eher daran, dass ich ein chaotischer und verletzlicher Mensch bin.


Ihr seht also, dass es für beinahe jeden Autor ein Skill-Set gibt, dass der passende Lektor mitbringen sollte.


Aber glaubt mir: Mütter von Fünfjährigen haben beste Chancen, gute Lektoren zu werden.





Wie läuft das Lektorat ab? Was für Schritte gibt es?


In jedem Fall hängt die Arbeit der Lektoren von ihren Auftraggebern ab.


Wird ein Verlagslektor gebeten, das Verlagsprogramm zu entwickeln, dann bekommt dieser einen ganz anderen Fokus als ein Auftragslektor, der direkt für unterschiedliche Autoren und Verlage arbeitet.


Sehen wir in diesem Fall lieber dem Auftragslektor zu, denn er ist derjenige, mit dem die meisten von uns zu tun haben werden, wenn wir uns weiterhin künstlerisch frei und ohne Druck austoben wollen. 


Was macht also ein Lektor am frühen Morgen, außer einen Kaffee zu genießen und Bücher zu lesen? Eine Menge Dinge in einem der abwechslungsreichsten Berufe, die ich mir vorstellen kann. Beim Lektorat geht es eben nicht um Grammatik und Zeichensetzung.


Die Rechtschreibung wird in einem Korrektorat kontrolliert und berichtigt.


Mr. Chat O. Penai

Ich gehe fest davon aus, dass das Korrektorat schon in den nächsten 5 Jahren komplett und besser von Software erledigt wird, beachtet man die Fähigkeiten der heutigen Korrekturwerkzeuge in Word, Papyrus und anderen Schreibwerkzeugen.


Hinzu kommt, dass KIs ihre Lernkurve schon fast auf die Höhe gebracht haben, in der sie unseren Schriftstücken den letzten Schliff verleihen werden. Für Menschen mit guten IT-Kenntnissen ist das Korrektorat mehr oder weniger heute schon automatisierbar. Microsoft streckt die Fühler aus und kauft 49% der OpenAI-Anteile, und die Strategie von Gates wird sein, dass insbesondere Word von dieser AI profitieren soll, dass sie sich intelligenter anstellt und wir sie beinahe für ein lebendes Wesen halten werden.


Geht es der Berufsgruppe der Korrektoren an den Kragen? Ich fürchte schon.


Aber auch im Bereich des Lektorierens wird der Tag kommen, an dem die Verlage lieber einer KI vertrauen, als sich auf die Aussagen von Menschen zu verlassen. Aus meiner Sicht ist das ein Fehler, da die KIs nur den Mainstream weiterentwickeln werden.


Was liest die Masse? Was kommt gut an? Wo bleiben dann die Ausnahmetalente wie Charles Bukowski oder Augusten Burroughs? Die würden aller Wahrscheinlichkeit nach durchs Gitter fallen.


Und was ist mit KIs?


Könnte eine KI die Emotionalität einer Stephanie Meyers erfassen? Damit mein ich das, was im Leser ausgelöst wird, wenn die tragischen Situationen der Protagonisten aufgezeigt, aber nicht im Detail beschrieben werden. Ich glaube persönlich, dass hier im künstlerischen und emotionalen Bereich KIs noch lange versagen werden. Eine gute LektorIn ist unersetzlich.


Von Menschen für Menschen

Eine inhaltliche Erfassung und Interpretation derer Wirkung auf den Lesenden ist und bleibt die Aufgabe eines Menschen, eines guten und feinfühligen Lektors.


Der strukturelle Aufbau und auch die Einhaltung des Stils können von mir aus von gut entwickelten KIs erledigt werden, allerdings wird Literatur ihre menschliche Note verlieren, wenn sie perfekt ist. Die kleinen Ecken und Kanten, über die Lesende diskutieren, sind die, die das Lesen wertvoll machen. Am Ende müssen Fragen offenbleiben, die eine KI gnadenlos beantworten würde.


Also gibt das Lektorat aus menschlicher Hand Leben weiter? Ich finde schon, dass viele Bücher eine Seele haben und KI-Texte oft kalt und sinnlos wirken, sofern ich sie denn noch als solche erkenne.


Wenn wir unter diesem Aspekt Themen wie den Spannungsbogen oder einen fesselnden Erzählstil betrachten, dann bleibt ganz klar der Mensch als bewertende Instanz ganz vorne.


Auch wenn die Tricks der KI im Marketing funktionieren können, wird die KI nicht prognostizieren, ob hier ein Bestseller vorliegt oder nicht, denn Texte werden von Menschen für Menschen gemacht und diese sind unberechenbar und folgen erratischen Wegen. Für ein Stück Software bleibt das hoffentlich noch lang eines der nicht analytisch prognostizierbaren Geheimnisse, die sich wie viele andere in uns verbergen, um uns von der Maschine unterscheidbar zu halten.


Fazit


Ein Lektorat ist Plicht, ohne dieses sollte kein Buch an den Markt gehen. Für meine Bücher habe ich das zwar beschlossen, aber nicht immer umgesetzt.


Im Regelfall helfen sich die Selfpublisher gegenseitig und haben einen sehr starken Zusammenhalt gefunden. Auch in meinem Freundeskreis lektorieren wir untereinander und geben uns dabei gegenseitig viele Anregungen.


Am Ende eines solchen Prozesses lässt sich der Text sehr viel besser lesen und verstehen. Aber mit einem professionellen Lektorat lässt sich das nicht vergleichen.


Habt ihr das Geld, dann empfehle ich euch, es in mindestens ein Lektorat zu investieren. Ihr werdet feststellen, dass euer persönlicher Schreibstil sehr davon profitiert. Den richtigen Lektor auszuwählen, ist eine Sache, die ihr aus dem Gespräch, dass ihr mit ihm führen solltet, fühlen müsst. Wenn ich einen Lektor von Anfang an nicht mag, dann wird sich das schwer ändern lassen. 


Dreamteams erreichen mehr

Mit meiner Autorenfreundin Angelika Godau habe ich eine sehr gute Lektorin an der Seite. Sie hat eine journalistische Ausbildung, ist Psychotherapeutin und auch die Chemie stimmt. Bingo.


Einen guten Lektor für eure Texte zu finden ist vergleichbar mit der Suche nach dem richtigen Psychotherapeuten. Ich denke, dass ihr da draußen auch euren Deckel finden werdet, der euch literarisch ergänzt und bei der eigenen Entwicklung als AutorIn unterstützt. Auf jeden Fall wünsche ich es euch von Herzen.


Es ist sehr schön, ein Teil der Selfpublisher-Gemeinde zu sein.






4 Kommentare

  1. „Einen guten Lektor für eure Texte zu finden ist vergleichbar mit der Suche nach dem richtigen Psychotherapeuten.“
    Ein interessanter Vergleich. Tatsächlich komme ich mir als Lektor hin und wieder wie ein Psychotherapeut vor. Und selbstverständlich braucht man als Lektor viel Einfühlungsvermögen und sollte sich darum bemühen, den richtigen Ton zu treffen.
    Als Autor wiederum tut man gut daran, sich auf den Lektor und seine Vorschläge einzulassen. Grundsätzlich sollte es nie darum gehen, dass der Lektor dem Autor „seinen Stil aufdrückt“ – diese Befürchtung haben manche Autoren, doch sie ist in der Regel unbegründet. Man arbeitet zusammen an dem Buch und versucht aus einem – im Idealfall bereits einigermaßen – guten Buch ein besseres zu machen. Gerade wenn ein Lektorat von einem Selfpublisher beauftragt wird, sollte klar sein, dass der Lektor nur Vorschläge zur Verbesserung des Textes macht. Ob der Autor diese Änderungsvorschläge überzeugend findet und sie annimmt oder nicht, das bleibt letztendlich seine Entscheidung. In der Regel ist er gut beraten, es zu tun.
    Doch natürlich kann auch ein Lektor mal daneben liegen. Der Autor sollte sich nicht scheuen, Zweifel anzumelden, wenn er nicht von den Vorschlägen des Lektors überzeugt ist. Ein guter Lektor ist immer offen für gute Argumente, allerdings kann er schon allein aus Zeitgründen nicht jeden Vorschlag im Detail begründen. Auch das muss ein Autor verstehen, denn ein Lektorat ist harte Arbeit und oftmals nicht allzu gut bezahlt gemessen an der Zeit, die darin investiert wird.
    Gruß – Mike Schröder

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    1. Ich habe die schlechtesten Erfahrungen auf privater, trotzdem bezahlter Basis mit Deutschlehreinnen und Deutschlehrern gemacht. Heinz, der letzte hat mir nach den Probeseiten gesagt, dass er sich zu schade dafür ist, wenn ich seine Eingriffe in meine künstlerischen Freiheiten nicht übernehme. Ist nur ein kleines Beispiel von wesentlich massiveren. Z. B. ob ich die Augenfarbe richtig beschreibe, dass es nicht sein kann, dass eine Frau mit 24 noch Jungfrau sein kann ...

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  2. Danke Mike. Ich finde den Kommentar klasse.
    Es geht vor allem um das Miteinander und darum, dem Autor die Möglichkeit zu bieten, eine andere, professionelle Sicht auf seinen Text zu erhalten.

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  3. Bezug nehmend auf den anonymen Kommentar. Ja. Das zeigt doch nur, dass die Suche nach dem richtigen Lektorat etwas dauern kann. Ein Studium qualifiziert zwar fachlich, ist aber vielleicht in Deinem konkreten Fall nicht der richtige Schritt. Auch mit Kritik umzugehen, musste ich erst lernen, auch wenn ich heute noch kein Meister darin bin. Am Beispiel der 24-jährigen Jungfrau hätte Dein Lektor auch sagen können, dass seine Erfahrungen und sein Horizont anders aussehen. Er hätte sagen können, dass er keine Frau kennt, die mit 24 Jahren noch Jungfrau ist. Die Realität sieht natürlich anders aus, wird aber totgeschwiegen, weil sie nicht der Norm entspricht. Es gibt viele Menschen, die nie in ihrem Leben Sex haben. Dein Lektor hätte schlicht nach einer Erklärung dessen bitten können, um die Zielgruppe Deines Buches nicht mit offenen Fragen zurückzulassen.

    Es gibt zum Dialog zwischen Menschen mit unterschiedlichen Erfahrungs- und Wissensständen ine schönes Erklärvideo von Vera F. Birkenbihl.
    https://www.facebook.com/watch/?ref=search&v=524251191098931

    Ich wünsche allen einen schönen Sonntag

    Axel

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