Die Entführung der Venus
vonRené Gröger
Staub wirbelte auf, als Mara den nächsten Schritt nach vorn machte und den klobigen Stiefel auf den heißen Sandboden setzte. Sie hob schwerfällig den Arm, der in dem hitzebeständigen Schutzmantel steckte und streckte behäbig die behandschuhten Finger aus, deutete auf die Düne in der Ferne, hinter dem die Truppe das Tagesziel vermuten sollte.
Angeblich gab es Hinweise aus zuverlässiger Quelle, dass dort Spuren intelligenten Lebens existierten – so hatte man es Mara und den anderen im Briefing am Morgen mitgeteilt. Alle Crewmitglieder hatten nach dem mageren Astronauten-Frühstück nochmal den "Leitfaden zum Umgang mit unbekannten Lebensformen" studieren müssen.
Mara gähnte unter ihrer verspiegelten Spezialhaube. Vielleicht hätte sie froh darüber sein sollen, dass sich nach zwei Wochen zielloser Wüstenwanderung endlich etwas tat. Mit jedem weiteren Tag, der verstrich, kam ihr das ganze Unterfangen sinnloser und lächerlicher vor. Sie ärgerte sich inzwischen, dass sie bei dem Projekt überhaupt mit an Bord war, zweifelte an ihren eigenen, großmütigen Motiven. Warum sollte das Schicksal der Völkergemeinschaft an ihr hängen? Und warum musste sie sich dafür als Versuchskaninchen einspannen lassen, wo sie doch im Grunde ihres Herzens wusste, was für ein zweckloses Himmelfahrtskommando sich die NASA da überlegt hatte? Das alles stank ihr gewaltig.
Wie ein Michelin-Männchen kam sie sich in dem weißen Raumanzug vor, oder – den Kopf geschützt unter der Kuppel aus vulkanisiertem Plexiglas – wie die unförmige Nachgeburt eines fetten Zyklopen. Stolz hatte der Projektleiter bei der offiziellen Begrüßung erklärt, dass das Spezialmaterial ihrer Kleidung extra für die "Venus Task Force" entwickelt wurde. Denn auf dem Planeten würden extreme Wetterbedingungen herrschen, das sei ja bekannt, und die Organisation sorge selbstverständlich für die Sicherheit der Teilnehmenden. Es war nichts als rausgeschmissenes Geld, fand Mara, auch wenn ein kleiner Teil davon monatlich in ihrer Lohntüte landete. Völlig megaloman war die Idee, das Budget lächerlich überdimensioniert, gemessen an den sonstigen Ausgaben des Staates.
Mara wollte weder Reichtum noch Ehre für ihr Engagement, keinen Ruhm und keine Tapferkeitsmedaille. Höchstens die versprochene Audienz beim Präsidenten nach getaner Arbeit, lockte sie. Dies war die große Chance, hatten ihr Familienangehörige gesagt. Ein Meet-and-Greet unter vier Augen mit dem mächtigsten Mann der Welt könnte sie dem Erreichen ihrer Ziele ein ganzes Stück näherbringen. Während die anderen Mitglieder des "Venus Discovery"-Einsatzes von den üppigen Gehaltszahlungen schwärmten, musste Mara sich daran erinnern, dass sie edlere Absichten verfolgte als ein luxuriöses Eigenheim mit Pool im Garten und SUV vor der Tür. Ihr ging es ernsthaft darum, Kontakt herzustellen, um so einen tiefgreifenden Wandel zum Wohle aller herbeizuführen. Sie interessierte sich nicht für eine private Rollrasen-Oase mitten in der texanischen Wüste.
Trotzdem hatte Mara schon kurz nach Beginn der Geheimoperation erstmals bereut, sich überhaupt dafür gemeldet zu haben. Ihre Motivation sank immer weiter und sie wusste, dass sie ihre eigene Agenda gefährdete, wenn sie ihr Temperament nicht allmählich zügelte. Doch sie war zu befangen von der ganzen Situation, um sich emotional von dem Szenario distanzieren zu können. Mehr als einmal war sie bereits unangenehm aufgefallen, weshalb sie sich nun unbedingt zusammenreißen musste, wollte sie nicht vorzeitig einen Abgang machen.
Plötzlich knackte es in Maras rechtem Ohr.
"Nur noch ein paar Meter, dann haben wir es geschafft!"
Es war Marek, dessen Stimme sich im Teamspeak-Kanal vor Aufregung überschlug.
Tatsächlich hatten sie fast den Kamm der letzten Düne erreicht. Aus dem Sand sprossen vertrocknete Stoppel: tote Borsten auf einem toten Planeten.
"Alright Leute, gleich werden wir endlich herausfinden, welches Mysterium sich hinter dem großen Venushügel verbirgt", funkte der Crewleiter.
Mara rollte mit den Augen angesichts dieser jugendlichen Entdeckerfreude. Marek war hörbar angespannt, die Stimme zitterte vor Erregung, als die Mannschaft dem Höhepunkt entgegenging. Sie überschritten gerade den Scheitelpunkt, als Mara begriff, auf welche Sensation sie die Erdbasis in Houston vorbereitet hatte: Halb versunken, das heißt halb vergraben, ragten blank polierte Obelisken aus dem Sand.
Als Marek dem Team ein Zeichen gab, schwärmte die Patrouille aus und kreiste die phallusartigen Steine von allen Seiten ein. Beim Näherkommen erkannte Mara, dass es massive Säulen aus Granit waren. Kryptische Zeichen waren hineingemeißelt, die wohl an Petroglyphe einer vergessenen Kultur erinnern sollten. Auch fossile Abdrücke urzeitlicher Organismen befanden sich im Fels, wie Mara bemerkte.
"Grund Gütiger!", stieß eine Männerstimme ohrenbetäubend hervor, die Mara nicht sofort zuordnen konnte. Der Kerl schrie so laut, dass sie sich am liebsten den Funkknopf aus dem Ohr gerissen hätte.
"O M G! Ist das amazing, oder was?" Das war wieder Marek. Er hatte nun den orgiastischen Gipfel seiner Begeisterung erklommen. Die zehn Astronauten standen dicht gedrängt um die Steinpfähle, einige warfen sich theatralisch auf den Boden und robbten in Missionarsstellung den steinharten Säulen entgegen. Marek unterbrach abermals die Stille in Maras Kopf.
"Nur noch ein kleiner Schritt für Marek Matschkowski, und ein umso größerer Schritt für die gesamte ..."
"Jetzt hört doch endlich auf mit dieser verdammten Scheiße!", rief Mara, die nicht mehr an sich halten konnte. Sie hatte sich den Schutzhelm vom Kopf gerissen und blickte sich wütend um. Schweißnass klebten ihre braunen Locken im blassen Gesicht, als sich neun Plexiglasköpfe gleichzeitig in ihre Richtung drehten. Mara sog die staubtrockene Luft in ihre Lungen, atmete mehrmals tief durch und versuchte sich zu beruhigen.
"Wie könnt ihr diesen Kinderquatsch denn ernst nehmen?"
Entsetzte Rufe drangen in wirrem Durcheinander aus dem noch immer in ihrem Ohr sitzenden Lautsprecherknopf. Sie riss ihn sich energisch heraus.
"Schaut ruhig her, ich lebe noch! Ohhhh, wie kann das bloß sein? Ist ja irre, nicht wahr?“
Mit einem Mal erscholl eine tiefe Stimme, von allen Seiten zugleich, unsichtbar, mächtig, wie die Stimme Gottes.
"Astronautin Damus, setzen Sie sofort den Helm wieder auf."
"Wozu? Damit ihr uns hier weiter Kunstfossilien und Fantasiesymbole vom Steinmetz nebenan präsentieren könnt? Sogar ein Blinder sieht doch, dass das keine Artefakte meiner Urahnen sein können!"
Mara spuckte verächtlich auf den Boden. Der heiße Sand sog die schaumige Flüssigkeit gierig auf. sNeben ihr stand nun Marek, den Helm ebenfalls unter den Arm geklemmt.
"Geht das etwa schon wieder los, Mara?"
Er schüttelte enttäuscht den Kopf, wie ein Lehrer, wenn seine Problemschülerin mal wieder auf ganzer Linie versagt hat.
"Wir haben doch neulich schon darüber geredet. Und du hast versprochen, nicht mehr auszuflippen."
Marek fuhr sich erschöpft durchs Haar, das von den Strapazen der letzten Stunden klitschnass war. Seine Hand wanderte zu Maras Schulter, um sie ihr beschwichtigend aufzulegen.
"Hände weg, Marek Matroschka! Dass du Hohlkopf mir nicht glaubst, weiß ich ja eh schon. Also misch‘ dich jetzt bloß nicht ein, du Wichser!"
Mara Worte schossen wie spitze Giftpfeile in Richtung ihres Teamleads.
Sie drehte sich einmal um die eigene Achse, schaute die anderen Teilnehmer an, blickte auf die Imitation einer Planetenoberfläche, die keiner wissenschaftlichen Untersuchung auch nur annährend standhalten würde.
„Mein Gott, da draußen geht die Welt unter: Seen trocknen aus, Wälder brennen, Polarkappen schmelzen und täglich wälzen sich irgendwo auf der Erde riesige Wassermassen über die Kontinente. Und ihr habt echt nichts Besseres zu tun, als euch hier zu verkriechen und Milliarden US-Dollars zu verpulvern? Ihr wollt stattdessen lieber die Entdeckung der Venus zu spielen? Wirklich jetzt?“
"Setzen Sie sofort Ihren Helm wieder auf, Astronautin Damus, damit wir mit der Simulation fortfahren können", schallte es unbeeindruckt von der himmelblau gestrichenen Decke herab.
"Wozu soll das gut sein? Um eure Hoffnung zu nähren, irgendwann die Venus zu erobern, wenn ihr dämlichen Menschen die Erde völlig zerstört habt?", fragte Mara, die jetzt den Tränen nahe war.
"Das ist die letzte Warnung, Mara Damus!", sprach die Stimme aus dem Off.
"Ich habe Ihnen bereits gesagt, wie das bei meinen Vorfahren ausgegangen ist. Sie möchten mir nicht glauben, obwohl Ihnen bereits aktuelle Aufnahmen meines Heimatplaneten vorliegen."
"Mara, hör' endlich auf mit dem Schwachsinn! Mach‘ hier nicht auf Kassandra."
Hilflose Verzweiflung, aber auch Sorge, schwang in der Stimme Mareks mit. Doch Mara hörte ihm nicht zu.
"Soll es dem Planeten genauso ergehen, wie meiner geliebten Venus? Nichts als heiße Asche und Staub ist von meiner einst blühenden Heimat übrig. Tod, nichts als Tod. Alles haben wir in unserer Hybris vernichtet, alles haben wir verloren. Unser Mutterland ist zerstört, wir werden es niemals wiederbeleben können.“
Sie griff sich ans Herz, erfüllt von ehrlichem Pathos, das seit ewigen Zeiten in ihrer Brust eingekerkert gewesen war und sich nun mit unaufhaltsamer Leidenschaft seinen Weg bahnte.
„Wenn Sie nicht auf der Stelle kooperieren, entfernen wir Sie endgültig aus dem Projekt“, dröhnte es aus den unsichtbaren Lautsprechern.
„Mein Volk musste fliehen, suchte hier auf der Erde Asyl-"
Mara verstummte. Doch nicht, weil sie die Angst packte, sondern weil das Ende des Horizonts, das sich in scheinbar unendlicher Weite abzeichnete, auf einmal in die Höhe schwebte. Das war keine Fata Morgana in der Wüste, es war eine beklebte Fototapete, vielleicht 50 Meter entfernt, die lautstark nach oben ratterte, wie ein billiges Garagentor. Dahinter traten aus der Dunkelheit bewaffnete Sicherheitsbeamte heraus. Die Ärmel bis zum NASA-Logo hochgekrempelt, schritten sie auf Mara zu. Als wäre ihr finster entschlossener Gesichtsausdruck nicht schon Drohung genug, hatten sie Kabelbinder zur Fixierung, Schlagstöcke und Elektroschocker im Anschlag.
"Ich offenbare mich euch Menschen, weil ich nicht will, dass sich so eine Katastrophe in unserem Sonnensystem nicht wiederholt. Nie wieder! Sie, die einheimischen Geschöpfe des Planeten Erde, sind unsere letzte Hoffnung.“
Mara sank keuchend auf die Knie. Doch nicht aus freien Stücken, sondern weil sie ein Knüppelhieb brutal in die Kniekehle getroffen hatte. Unter Schmerzen versuchte sie weiterzusprechen.
„Bitte zerstören Sie nicht das sensible Biotop, das wir über Jahrmillionen gemeinsam aufgebaut haben. Ich flehe Sie an, im Namen der Artenvielfalt, im Namen des interstellaren Friedens ..."
Mara brach ab, hielt sich die Hände vors Gesicht, wimmerte qualvoll und rang um Atem. Doch nicht vor Ergriffenheit, sondern weil sie eine dicke Wolke Pfefferspray frontal erwischt hatte. Unfähig etwas zu sagen, geschweige denn überhaupt noch etwas zu sehen, packten sie die Guards an den Armen, rissen sie vom Boden hoch und schleiften sie über den Sand, hinaus aus der riesigen Mehrzweckarena. Der Horizont senkte sich, das heißt, das Rolltor rasselte hinab, bis die Welt wieder vollständig geschlossen war.
Die Klimaanlagen pumpten weiter auf Hochtouren heiße Luft in den Saal, um ansatzweise ein authentisches Klima zu simulieren. Wenn das streng geheime Projekt weder dem Wohle der Nation noch der gesamten Menschheit diente – wie es die NASA in internen Berichten an den Präsidenten stets proklamierte, um den enormen Etat zu rechtfertigen –, dann doch wenigstens den texanischen Energiekonzernen und deren Jahresumsatz.
"Probanden, nehmen Sie jetzt Ihre Positionen wieder ein“, forderte sie der unsichtbare Projektleiter auf. „Wir setzen Operation ‚Venus Discovery‘ mit Missionsziel 14 fort."
Ratlos standen die Crewmitglieder noch einen Moment da, schockiert und verlegen zugleich. Unschlüssig nickten sie sich zu, zuckten mit den Schultern.
"Okay Leute, ihr habt’s gehört. Dann mal ran an den Speck!“, rief Marek seinem Team zu und reckte beide Daumen nach oben. Er zögerte kurz und kratzte sich fragend am Hinterkopf.
„Wo waren wir doch gleich? … Ach ja, richtig!"
Er stülpte sich den Schutzhelm auf und wies den anderen per Handzeichen ihre Positionen rund um die polierten Obelisken an. Die fantasievoll gestalteten Artefakte der angeblichen Venusianer glänzten im künstlichen Sonnenlicht, das von einem großen Scheinwerfer auf die Gruppe geworfen wurde.
Marek machte einen großen Schritt rückwärts, trat genau in seine vorherigen Fußstapfen, die noch immer tief im Sand abzeichneten. Staub wirbelte auf, als er mit dem klobigen Stiefel aufsetzte.
Ein lautes Signal erklang, wie ein Schiffshorn: „Venus Discovery“ konnte weitergehen. Marek räusperte sich, als ihn die verbliebenen Mitsimulanten erwartungsfroh unter den Plexiglasvisieren anschauten. Die kindliche Entdeckerfreude war zurück.
"Nur noch ein kleiner Schritt für Marek Matschkowski, und ein umso größerer Schritt für die gesamte ..."
Toll gelesen, danke! <3
AntwortenLöschenOch menno. Es hatte doch so schön auf der Venus begonnen und entpuppt sich als Schmierenkomödie einer bekannten Raumfahrtbehörde. Toll geschrieben. Ob da was dran ist an der Offenbarung? Das Thema an sich war voll meins.
AntwortenLöschenNette Idee. Aber warum wird die Venus-Mission althergebracht mit Schapieler*innen gedreht? KI kann doch schon so viel, da hätte das ganze doch im Computer generiert werden können. Und als Mara mit migrantischen Wurzeln hätte eine Programmierin dienen können ... Aber okay, schon Stanley Kubrick hat seinerzeit die Mondlandung mit Schauspielern gedreht, obwohl er über Technik aus dem in Area 51 abgestürzten Raumschiff verfügte, mittels der er die perfekte Illusion hätte erzeugen können. Mist, jetzt habe ich es verraten ... Oh, es klopft. Ich muss zur Tür ... Hiiiilfe, sie holen mich .. fgkjgiqhfv ...
AntwortenLöschenKurze, schöne Geschichte. Autor*in hätte Korektur-/Testlesen geholfen, denn " Ich offenbare mich euch Menschen, weil ich nicht will, dass sich eine so katastrophale Situation "nicht" wiederholt ... ist sicher nicht im Sinne der Geschichte. Das zweite "nicht". Ansonsten ine feine Story.
AntwortenLöschenDer Titel hat mich neugierig gemacht. Bin einerseits belustigt, weil ich diese Wende nicht habe kommen sehen. Andererseits steckt das auch viel Wahres über unsere Erde und den Menschen drin. Traurig komisch irgendwie. Ich bin nicht so großer Fan von Happy Ends, daher spricht mich die Geschichte an. Wir bewegen uns hier ja im Bereich des Science-Fiction, allerdings bin ich mir nicht sicher, ob das auch wirklich so passieren könnte. Ich meine, im Sinne der inneren Logik der Story: Hätte die NASA wirklich übersehen, dass sich ein Alien einschleicht in das Projekt? Ich finde diesen lakonischen Schreibstil jedenfalls sehr unterhaltsam. Bleib am Ball.
AntwortenLöschenEs gibt so viele " Forschungen" und " Projekte" in unserer Welt. Nicht immer ist die eigentliche Absicht dahinter zu erkennen. Warum also nicht ein Forschungsprojekt auf einem anderen Planeten erschaffen? Mir gefällt diese Idee, mir gefällt diese Vorstellung und das Ende dieser Geschichte. Ein guter Schreibstil, gefällt mir. Bleib dran und gerne auch mehr davon.
AntwortenLöschenAchtung, vielleicht Spoiler: Ich dachte die ganze Zeit, es würde um die Entführung des Planeten gehen. Habe auf den entscheidenden Plottwist gewartet. Am Ende kam es für mich ziemlich überraschend. Fand die Idee sehr witzig. Eine Geschichte, die beim zweiten Mal fast noch interessanter wirkt, weil man da schon viele kleine Hinweise entdecken kann. Finde, es ist eine gelungene Umsetzung des Themas. Chapeau.
AntwortenLöschenIch finde die Textpassagen zwischen wörtlicher Rede und erzählerischen Passagen sehr ausgewogen. Vielleicht hätte es noch etwas mehr Text auf Seiten des Erzählers sein können. Denn gerade die szenische Beschreibung zu Beginn hat mich sofort in die Geschichte hineingezogen.
AntwortenLöschenTrotzdem fand ich die Beschreibung des Planeten an manchen Stellen etwas aufgesetzt und - nun ja - klischeehaft. Man könnte fast sagen: unglaubwürdig. Durch die aufgebaute Spannung, bin ich von diesem Gedanken während des Lesens wieder abgekommen und habe doch einen Zugang gefunden. Als dann der Bruch in der Handlung kam, habe ich mich ertappt gefühlt. Trotz der kleinen Hinweise, habe ich mich "verführen" lassen, dem Scheinwerferlicht des Autors zu folgen. Habe mich sehr über mich selbst amüsiert.
Ich habe mir dann nochmal die ersten drei Absätze durchgelesen. Tatsächlich merkt man dann, dass der Planet nicht nur plastisch, sondern regelrecht plastikhaft beschrieben ist. Vielleicht hätte man das sogar noch etwas detaillierter beschreiben können, um die Leser*innen noch mehr an der Nase herumzuführen. Andererseits wäre es dann auch womöglich zu offensichtlich. Hat mir Spaß gemacht zu lesen. Und trotzdem steckt da auch eine gewisse Tiefe drin.
KG
Eine Story, die unterhält und begeistert! Auch wieder toll gelesen.
AntwortenLöschenVielleicht habe ich gerade zu viel feministische Literatur zwecks Studienzwecken gewälzt, aber ich lese diese Geschichte als eine Erstbegegnung der besonderen Art: Frau und Mann treffen hier aufeinander. Das Patriachat beherrscht die Erde und das ganze Universum - und zerstört es durch Kriege bis hin zu jungenhaften Streichen bzw. albernen Spielchen wie Venus-Simulationen. Die priviligierten Männer denken sich irgendeine "Venus" aus, statt sich den Planeten wirklich anzuschauen. Eine ziemlich coole Idee. Falls es so angelegt war. Falls nicht, ist es eigentlich ja auch egal. Funktioniert für mich so wunderbar dieses Aufeinandertreffen, zumal Sci-Fi eh so männerdominiert ist als Genre. Sehr erfrischend.
AntwortenLöschenDie Geschichte hätte auch gut "Die Entführung der Kassandra" heißen können. Griechische Tragödie und Kritik an der Megalomanie der Herrschenden (und des Mannes). Beim Lesen habe ich mich gefragt, ob es wirklich so ist, wie es scheint ... Ist Mara wirklich das, was sie behauptet zu sein? Oder doch nur eine verrückte Frau, die in dieser Ausnahmesituation durchdreht? Die Frage bleibt offen. Ich musste an den Film 12 Monkeys denken, indem die Frage verhandelt wird, was Verrücktheit eigentlich bedeutet. Und ob nicht jeder seine eigene Realität und damit auch die eigene Wahrheit konstruiert. Sehr anregend. Danke dafür.
AntwortenLöschenEs gibt ja wirklich diese simulierten Missionen. :-) Gerade gab es wieder eine Ausschreibung, wo Leute gesucht werden, um auf den "Mars" zu gehen. Stelle mir da immer vor, wie die Leute dann irgendwo in Arizona in der Wüste rumhängen. Schon Wahnsinn. Von daher trifft der Text einen wahren Kern, bissig und böse. Finde die Idee ganz gut, den Erstkontakt auch mit dem Thema Umweltschutz zu verbinden und der Frage, wie der Mensch heute die Welt zerstört. Und bald vielleicht unser ganzes Sonnensystem. Echt fürchterlich. Umso wichtiger, da nicht den Humor zu verlieren. ;-)
AntwortenLöschenFinde die Geschichte unterhaltsam. Gleichzeitig gibt es viele Ösen, um sich als Lesender mit seiner eigenen Interpretation einzuhaken. Den Aspekt der Venusianerin als Flüchtling aus einem galaktischen Krisengebiet finde ich gut.Vielleicht kann der Autor den Text in Zukunft noch etwas "verlängern". Die genauen Hintergründe der Venusianerin und ihrer Familiengeschichte fände ich spannend.
AntwortenLöschenZunächst wollte ich schon was über die tatsächlichen Verhältnisse auf der Venus schreiben, doch dann entpuppt sich alles als Simulation. Diese Wendung ist gelungen und die Doppeldeutigkeiten wie „Venushügel“, hinter dem sich auch noch Phallussäulen verbergen ist ganz witzig. Spätestens mit dem heranrobben in Missionarsstellung wird der Bogen dann aber etwas überspannt.
AntwortenLöschenÜberspannt wird ebenso die Handlung mit der nächsten Wendung, bei der sich herausstellt, dass Mara eine Venusianerin ist. Hier muss ich nun doch wieder mein Astronomiewissen einwerfen, denn die Venus ist schon seit Jahrmillionen unbewohnbar. Weiterhin stellt sich die Frage, ob die NASA wusste, dass Mara eine Venusianerin ist oder sie einfach nur für bekloppt hält? Wenn ihre Spezies sich bereits der Menschheit vorgestellt hat, sollte sie nicht erst an einer NASA-Mission teilnehmen müssen, um ein paar Worte mit dem US-Präsidenten wechseln zu können. Das wäre im Rahmen der interplanetaren Diplomatie wohl längst geschehen. Wenn die Venuasianer sich dagegen noch nicht offenbart haben, ist der Zeitpunkt ihres Coming Outs denkbar ungünstig.
Hier tun sich jede Menge solcher Ungereimtheiten auf. Was soll die Simulation überhaupt, wenn der Kontakt bereits steht? Und falls nicht, wieso geht man von archäologischen Funden auf der Venus aus? Warum nutzt Mara die Missionsvorbereitung als Podium für ihre politischen Statements? Wieso hat die NASA sie überhaupt zugelassen, wenn sie sich derart verweigert? Das hätte doch schon bei den psychologischen Tests auffallen müssen. Und warum beschwert sie sich ausgerechnet über die paar Milliarden an Ausgaben für das Raumfahrtprogramm statt über die Billionen für Aufrüstung und Krieg? Letzteres macht den Planeten, den sie retten will, ja zusätzlich kaputt. Das NASA-Budget besteht dagegen aus Peanuts und erfüllt wenigstens einen wissenschaftlichen Zweck.
Immerhin der Schreibstil ist trotz allem gut, wobei mir hier allerdings eine doppelte Verneinung aufgefallen ist: „Ich offenbare mich euch Menschen, weil ich nicht will, dass sich so eine Katastrophe in unserem Sonnensystem nicht wiederholt.“ Sie will nicht, dass sich die Katastrophe nicht wiederholt? Also will sie, dass sich die Katastrophe wiederholt! Ist natürlich nicht so gemeint, aber schon ein unglücklicher Fauxpas.
Fazit: Starker Einstieg, aber die zahlreichen Ungereimtheiten machen es schwer, das Szenario richtig zu deuten. Die Kritik an der menschlichen Gesellschaft, so gut sie gemeint sein mag, kommt sehr plötzlich sowie unpassend und wirkt daher ohne Kontext.
Amüsant. Die Geschichte, aber auch die Kommis :-D. Interessant, was da alles hineingelesen wird. Für mich war es einfach ein unterhaltsamer Text. Habe ihn als Satire auf die Gesellschaft verstanden, aber auch auf Science-Fiction an sich. Vielleicht sind Humor und Irritationen in dem Genre aber auch nicht angebracht. Manche scheinen es jedenfalls seeehr ernst zu nehmen. Eine Schelmin, wer da an alte weiße Marsmänner denkt ;-).
AntwortenLöschen