ZACSF2024_021

Perlen vor die Säue

von
Beatrice Sonntag




„Professor!“ Mik wiegte den Kopf zum Gruß.

Lubo und Kampi saßen am Küchentisch und saugten die Nährflüssigkeit durch ihre Nahrungstrichter. Ein lautes Schmatzen war zu vernehmen. „Professor“, antworteten beide.

„Ist noch was von der Plörre übrig?“

Lubo reichte Mik einen Beutel. „Hier, Professor. Ein ganz edler Tropfen. Nährflüssigkeit 7.4.5.“

„Das ist einfach die Beste“, raunte Mik, stürzte das fade Zeug in seinen Nahrungstrichter und rülpste laut.

„Habe ich heute Nachtdienst, Professor?“ Lubo schaute sich in dem karg eingerichteten Raum um, als ob er die Antwort an den grellgelben Wänden der planetaren Forschungsstation ablesen könnte.


„Ja, Professor“, sagte Kampi.

Lubo seufzte. „Gab es irgendwas?“ Er fragte beiläufig, so wie man sich einen guten Tag wünscht. Es gab fast nie etwas. Und wenn tatsächlich ein Asteroid gesichtet worden wäre, der eine Gefahr für die Erde darstellen könnte, dann hätten die beiden anderen ihn geweckt. Wenn es tatsächlich etwas zu tun gab, wurde die gesamte Besatzung gebraucht.

Die brenzligen Situationen konnten sie bisher an zwei Händen abzählen. Es war genau vierzehn passiert, dass sie ihre Forschungsobjekte auf der Erde vor einem herannahenden Asteroiden hatten schützen müssen und jedes Mal hatte es vortrefflich funktioniert. Sie hatten alles berechnet, ihre Magneten ausgerichtet und es geschafft, dass die Menschheit nichts von der drohenden Gefahr mitbekommen hatte. Ihre Vorgängercrew hatte es da noch leichter, weil die Menschen damals noch nicht mit Teleskopen in die Sterne schauen konnten.

Für diese besonderen Gelegenheiten, bei denen es etwas zu feiern gab, hatten Professor Mik, Professor Kampi und Professor Lubo ein Ritual ersonnen, zu dem unter anderem der übermäßige Genuss von krallonischem Sekt gehörte. Dieser wurde in einem Sicherheitsschrank der Klasse 4 aufbewahrt, welcher sich nur mit den Nasenabdrücken von mindestens zwei Crewmitgliedern öffnen ließ.

Lubo ließ sich auf das Sitzmöbel sinken, das ebenso gelb war, wie alle Einrichtungsgegenstände, und blickte sehnsüchtig auf den Sicherheitsschrank.

„Denk nicht darüber nach, Professor“, ermahnte ihn Kampi.

Lubo seufzte noch lauter als zuvor.

„Ist dir ein Schnabelhamster über die Leber gelaufen, Professor?“, neckte Mik.

„Es ist nur so langweilig“, beschwerte sich Lubo.

„Er hat Mölmö“, flüsterte Kampi in Richtung Mik, aber laut genug, dass Lubo ihn hören konnte.

Mölmö war das krabische Wort für Langeweile. Wörtlich übersetzt bedeutete es Sich-die-Nase-abschneiden-damit-endlich-etwas-los-ist.

„Mölmö?“ Lubo schlug auf die Tischplatte. „Die Frage ist nicht, ob ich Mölmö habe, sondern warum ihr es nicht habt! Seit Wochen ist absolut überhaupt nichts geschehen. Nicht mal auf der Erde.“

Da hatte er recht. Die Entscheidung, zur Lockerung der Regeln, was gefeiert werden durfte und was nicht, hatte der Crew sehr gutgetan. So hatten sie zum Beispiel eine Feier angesetzt, als ein paar Erdlinge an einem Ort namens Arizona am 18. Februar 1930 nach irdischer Zeitrechnung den Planeten Pluto entdeckt hatten. Von der krabischen Forschungsstation wussten sie natürlich nichts und auch nicht von der Mission der drei Professoren. Aber immerhin. Sie hatten den Himmelskörper gefunden und benannt. Pluto. Ein schöner Name.

Als 76 Erdenjahre später Pluto durch einen Beschluss der Generalversammlung der Internationalen Astronomischen Union vom Planeten zum Zwergplaneten degradiert wurde, hatte auf der Forschungsstation eine Art Trauerfeier stattgefunden, bei der Professor Mik und Professor Kampi ihren Kollegen Professor Lubo auf demokratische Weise davon überzeugen mussten, dass ein Abbruch der Mission nur wegen ein paar unbedeutenden Erdenwissenschaftlern und deren Überzeugungen nicht infrage kam.

„Die Umlaufbahn nicht völlig freigeräumt … So ein Unsinn! Der arme Pluto!“

Professor Lubo hatte mehrere Gesuche eingereicht, die von der Vernichtung der Erde, über die Vernichtung der Generalversammlung der Internationalen Astronomischen Union bis zu einem Launch einer Kampagne zur Wiederanerkennung von Plutos Planetenstatus reichten. Auch sein Antrag auf Freiräumung der Umlaufbahn wurde abgelehnt. Pluto war Professor Lubo sehr ans Herz gewachsen. Er war wie ein Zuhause für ihn geworden.

Der Professor hatte sich letztendlich beruhigt und als dann zwei Erdenjahre später Pluto zusätzlich zu seinem Zwergplanetenstatus den Status als Plutoid erhielt, war er wieder fast versöhnt.

Professor Mik hatte damals heimlich einen Brief an das Forschungshauptkommando auf Krabi geschickt, in dem er seiner Besorgnis darüber Ausdruck verlieh, Professor Lubo habe sich möglicherweise zu sehr mit den Menschen und deren Ansichten identifiziert. In der ebenso geheimen Antwort des Hauptkommandos hatte es geheißen, dass „eine starke Identifizierung mit dem schutzbefohlenen Planeten ein bekanntes aber harmloses Berufsrisiko darstellte, auch wenn sie krankhafte Ausmaße annahm.“

Wie auch immer. Heute war heute. Und heute war Mölmö. Lustlos goss sich Professor Lubo noch etwas von der Nährlösung in den Nahrungstrichter und klopfte sich zur Förderung der Verdauung rhythmisch auf den Kopf.

„Gebt schon zu, dass es schön wäre, wenn mal wieder was los wäre!“

Professor Mik und Professor Kampi warfen sich einen unsicheren Blick zu. Dann nickten beide.

„Wenn nicht vor Ende des Tages etwas geschieht, erteilen wir uns eine Sondergenehmigung für eine Feier. Wir schlagen im intergalaktischen Kalender nach und wählen einen beliebigen Feiertag“, entschied Professor Mik, dessen Rang genaugenommen um ein Achtel höher war, als der seiner Kollegen. „Versprochen!“

Professor Lubo vollführte einen kleinen Hopser auf dem Sitzmöbel. Ein Tag auf Pluto dauerte zwar etwa 153 Erdenstunden, aber das war endlich mal eine gute Neuigkeit.

Sie führten ihre üblichen Scans durch und unterhielten sich über die intergalaktische Meisterschaft im subaquatischen Ringen auf Kelabion IV.

„Grago, der Massive, wird auch dieses Mal gewinnen. Sein Rüsselwürgegriff ist einfach unschlagbar“, sagte Professor Kampi.

„Sie haben einfach noch keinen würdigen Gegner für ihn gefunden.“ Professor Miks Tonfall machte deutlich, dass er Grago, den Massiven für überbewertet hielt.

„Professor“, unterbrach Lubo die beiden anderen. „Da ist einer!“

„Ein würdiger Gegner?“, fragte Kampi.

„Nein.“ Lubo deutete auf den Bildschirm. „Na ja, irgendwie schon.“

„Was?“ Professor Mik blinzelte.

„Ein Asteroid“, stellte Lubo klar. „Und zwar ein ansehnlicher.“

Sekunden später standen alle drei dicht aneinander gedrängt vor dem Bildschirm und starrten auf einen Asteroiden von beachtlichem Ausmaß, der sich eindeutig auf einem Kollisionskurs mit der Erde befand.

„Der kommt aus der falschen Richtung!“ Mik schaute sich im Raum um, als befürchte er, die Raumstation stünde Kopf. 

„Ja. Der hat sich nicht aus dem Asteroidengürtel des Jupiter gelöst. Der ist schon eine Weile unterwegs“, sagte Professor Lubo fast anerkennend, während seine Finger über die Tasten flogen und er mit jedem Klick mehr Daten erhielt.

„Er ist schnell.“

„Wie Oumuamua?“ wollte Mik wissen. Oumuamua war der lustige Name, den die Menschen einem interstellaren Asteroiden vor einigen Jahren gegeben hatten. Die Erdlinge waren ganz aufgeregt gewesen, weil sie zum ersten Mal ein Objekt aus einer anderen Galaxie identifiziert hatten.

„Wie Oumuamua, aber eher so groß wie Chicxulub“, hauchte Lubo und drehte sich um. „Das bedeutet Arbeit.“

Er rieb sich die Hände und hämmerte weiter auf seine Tastatur ein. Während die drei noch damit beschäftigt waren, Berechnungen anzustellen, leuchtete an einem der Überwachungsgeräte ein kleines grünes Licht auf, begleitet von einem leisen Piepton.

Synchron drehten die drei Wissenschaftler ihre Köpfe. „Verdammt!“

Die Erdlinge hatten den Asteroiden bemerkt. Das zumindest behauptete die KI, die alle Kommunikation auf dem Planeten überwachte.

„Sie haben ihn Herbert genannt, Professor.“ Kampi kratzte sich am Gehörtrichter. Er klang enttäuscht. „Oumuamua hat mir viel besser gefallen.“

Die Erdlinge waren wirklich auf Zack. In den letzten Jahren hatten sie viel gelernt und nun hatten sie diesen Asteroiden beinahe so schnell erkannt wie sie selbst. Die drei Professoren teilten sich auf. Während Lubo weiter Berechnungen zu Herbert und seiner Flugbahn anstellte, kalibrierte Mik den Magneten und startete einige Tests, bei denen er gezielt kleinere Gesteinsbrocken in Bewegung setzte. Kampi war unterdessen mit der Aufgabe betraut, die Geschehnisse auf der Erde im Auge zu behalten.

Daher hatte Kampi nun alle Hände voll zu tun. Auf der Erde war ja ständig irgendwo Tag, was dazu führte, dass irgendein Wissenschaftlerteam immer arbeitete. Es ging Schlag auf Schlag. Die Nachrichtensender hatten sich auf Herbert gestürzt und zeigten ein paar Stunden nach der Entdeckung bereits Fotos des gigantischen Gesteinsbrockens, auch wenn auf diesen kaum etwas zu erkennen war.

Die Erdlinge unterbrachen sogar ihre Kriege, um den Wissenschaftlern zuzuhören, und wollten wissen, was diese über Herbert zu berichten hatten. Gerade war auf den bevölkerungsreichsten Landmassen Nacht und Kampi genehmigte sich eine Tube Nährflüssigkeit 7.4.5. Er wischte mit dem Ärmel über seinen Nahrungstrichter, atmete tief durch und wandte sich wieder seinem Bildschirm zu. Was zum heiligen Grompel war das? Er bekam einen heftigen Schluckauf und fuchtelte wild mit den Armen durch die Luft. Seine beiden Kollegen sprangen auf und schlugen ihm gleichzeitig von beiden Seiten auf die Gehörtrichter. Das war das Einzige, was gegen Schluckauf wirklich half.

„Was ist los, Professor?“ fragte Mik etwas zu laut.

Professor Kampi hustete und deutete auf den Bildschirm, wo gerade ein sehr unscharfes Bild ihrer Forschungsstation zu sehen war. 

„Was ist das, Professor?“

„CNN, Professor“, antwortete Kampi noch immer hustend.

„Verdammt.“

„Genau.“


„Du weißt, was das bedeutet, Professor“, sagte Mik.

Die beiden anderen blickten unter sich und nickten zögernd.

„Wie müssen sie anrufen.“

Wenig später saßen sie in ihren Galauniformen vor einem großen Bildschirm und wirkten dabei wie unartige Schüler, die vom Direktor in dessen Büro zitiert waren. Der Generalsekretär der Königin von Krabi schaute streng auf die drei hinab. 

„Was zum heiligen Grompel!“, schimpfte er. „Jetzt?“

Die drei Professoren brummten etwas Unverständliches.

„Gerade jetzt?“ Der Generalsekretär schüttelte den Kopf und verschwand aus dem Blickfeld.

Professor Kampi widerstand nur mit Mühe dem Impuls, Professor Miks Hand zu drücken. Sein Nahrungstrichter klappte auf und zu.

Da erschien die schillernde Gestalt der Königin auf dem Bildschirm. Sie war spindeldürr und trug ein elegantes freizügiges Kleid. Deutlich war zu erkennen, dass sie den Glanz ihrer Schuppen mit einer Lotion verstärkte. Das taten viele Damen ab einem Alter von etwa 400, um jünger zu wirken.

„Professor“, sagte sie. „Professor. Professor.“ Nacheinander blickte sie den dreien ins Gesicht. Die Wissenschaftler antworteten höflich. „Eure Hoheit.“

Als der Etikette Genüge getan war, begann die Königin zu brüllen. „Ihr wurdet entdeckt?“

Die drei Professoren kauerten sich in ihren Stühlen zusammen. Professor Mik kam als ranghöchstem Wissenschaftler die Aufgabe zu, die Lage zu erklären. Aber die Königin dachte gar nicht daran, jemand anderen zu Wort kommen zu lassen.

„Eine wohltätige Mission, habt ihr gesagt! Eine hervorragende Ergänzung zur königlichen Image-Kampagne, habt ihr gesagt!“ Die Königin hatte eine Ergänzung zu ihrer Image-Kampagne dringend nötig, denn ihre Eskapaden waren kaum noch zu entschuldigen. Erst letzte Woche waren wieder Aufnahmen ihrer Hoheit mit drei leicht bekleideten andrillischen Riesenschnecken in einem Whirlpool an die Öffentlichkeit gelangt. „Ich hätte eure nutzlose Mission abbrechen sollen, als ich es noch konnte!“ Sie hatte sich in Rage geredet.

Nie hatten die drei Professoren die Königin so wütend erlebt. 

„Eure Hoheit, wir haben heute erst einen Asteroiden entdeckt, der die Erde vernichten wird, wenn wir nichts unternehmen. Das sollte für deine Kampagne förderlich sein. Königin Giri III. rettet zum wiederholten Male die Erde vor der Auslöschung …“

„Aber ihr Idioten seid entdeckt worden. Von einer Spezies, die nicht einmal ihr eigenes Sonnensystem verlassen kann!“

Da hatte sie leider recht. Das widersprach allen Grundsätzen der interstellaren Forschungsarbeit. Professor Mik öffnete den Nahrungstrichter, schloss ihn aber sofort wieder, denn die Königin setzte zu einem weiteren Ausbruch an.

„Wir müssen da raus. Augenblicklich.“ Giri III. lief blau an und ihre Schuppen glänzten nun wieder wie die einer 200-Jährigen. Sie brüllte wie eine Besessene. „Von Anfang an war es eine schwachsinnige Mission! Perlen vor die Säue!“ Von links kamen zwei Riesenschnecken und führten die zappelnde Königin ab.

Kampi, Lubo und Mik schauten sich gegenseitig an.

„Was bedeutet das, Professor?“ fragte Lubo.

„Wir gehen, Professor.“ Mik stand auf.

„Aber wir können doch nicht einfach diesen Asteroiden die Erde zerstören lassen!“ Professor Lubo hatte lauter gesprochen als beabsichtigt.

Da erschien auf dem Bildschirm wieder das Bild des Generalsekretärs. „Ihr habt ihre Hoheit gehört. Sofortiger Abbruch der Mission. Packen und bereithalten. Wir holen euch in 14 Krabi-Stunden ab. Ein Frachter ist nur wenige Lichtjahre entfernt.“

„Aber …“, protestierte Professor Lubo. Da erlosch der Bildschirm.



Die drei brauchten einen Moment, um sich zu sammeln. Abbruch? Packen und bereithalten? 14 Krabi-Stunden waren gerade mal drei Erdenstunden.

Dieser Tag verlief so überhaupt nicht nach Plan. Professor Lubo hatte sich auf ein gepflegtes Saufgelage gefreut und nun war die Erde dem Untergang geweiht und ihre Mission beendet?

Ein Blick auf den Stationschronometer ließ ihn zögern. „Wenn wir uns alle drei auf die Kalibrierung konzentrieren, schaffen wir es in drei Erdenstunden.“

„Du hast doch gehört, was die Königin befohlen hat, Professor“, sagte Mik lahm.

„Die Frage ist, ob sie es erfahren wird.“ Kampi stellte sich demonstrativ auf Lubos Seite und blickte Mik herausfordernd an.

„Ich will doch auch nicht, dass die Erde vernichtet wird. Ihr wisst genau, wie gerne ich die Übertragungen vom olympischen Synchronschwimmen sehe!“ Mik ließ den Kopf hängen. „Aber ihr wisst genauso gut wie ich, dass es nicht unbemerkt bleiben wird, wenn wir den Asteroiden zerstören.“

Kampi schaute wieder zum Stationschronometer.

„Außerdem sind drei Stunden nicht viel, um alles hier zusammenzupacken!“ Mik zeigte auf die Messgeräte, Teleskope, Computer und das KI-Modul, das alleine eine Stunde brauchte, um sich abzuschalten.

Auf einem der Monitore war noch immer CNN zu sehen. Der Sender zeigte einen der Präsidenten auf der Erde, der zu einer Menge auf einem großen Platz sprach. Professor Lubo drehte den Ton lauter.

„General Welling und sein Stab haben mich, den Präsidenten in meiner Entscheidungsfindung unterstützt und ich kann nur betonen, dass es die einzige Lösung ist. Wir haben den Laser bereits ausgerichtet und der Strahl ist unterwegs. Die Erde ist sicher!“ Die Menge jubelte und die Kamera schwenkte über den Platz.

„Laser? Die Erde hat einen Laser ausgerichtet?“, fragte Kampi.

„Das bedeutet, dass die Erde uns überhaupt nicht mehr braucht. Sie sind nun selbst in der Lage, auf sich aufzupassen und gefährliche Asteroiden zu zerstören.“ Professor Mik sah sehr erleichtert aus. Er musste sich nicht mehr zwischen der Rettung der Erde und seiner beruflichen Karriere entscheiden.

„Also los, zusammenpacken!“

„Ja, Professor!“ Auch Kampi und Lubo konnten ihr Glück kaum fassen.

In Windeseile schalteten sie die Maschinen ab und verstauten alles in dem Transportcontainer, der an die Forschungsstation angedockt war und ihnen in den letzten Jahrzehnten als Fitnessraum gedient hatte. Drei Stunden später waren alle Geräte verstaut und die drei schoben als letztes den Sicherheitsschrank mit dem krallonischen Sekt in den Container. Sehnsüchtig blickte Lubo auf die Tür des Schranks.

„Wenn wir zuhause sind, in ein paar Tagen, dann kannst du so viel trinken, wie du willst.“ Mik klopfte ihm auf den Rücken.

Sie schlossen die Türen und koppelten den Container von der Station ab. Wenige Augenblicke später ertönte das Signal des Transporters.

„Anschnallen“, rief eine Stimme aus einem Lautsprecher.

Einer der Andockarme des Transporters griff den Container und beförderte ihn in eine der Ladeluken, was nur wenige Minuten dauerte.

Bald saßen die drei Professoren müde und verdattert auf bequemen Stühlen unweit der Brücke des Frachters. Jemand hatte ihnen Erfrischungen gebracht. Kampi legte die Beine hoch.

„Schade, dass die Mission so abrupt zu Ende gegangen ist“, sagte er.

„Hoffentlich schlägt die Sache mit unserer Entdeckung durch die Erdlinge keine allzu großen Wellen“, sagte Mik. Er hatte sich ein News-Datenpad geschnappt und blätterte durch die Schlagzeilen. „Bisher scheint die Königin noch nichts veröffentlicht zu haben.“

Sie schauten aus dem Fenster.

„Hast du denn noch ausrechnen können, wann der Laser der Erdlinge den Asteroiden erreichen wird?“ wollte Mik wissen.

„Das sollte in der kommenden Stunde passieren. Vielleicht können wir es noch sehen.“ Der Frachter war auf einem Kurs unterwegs, der nicht allzu weit vom Asteroiden entfernt war.

„Schaut mal“, rief Lubo und zeigte auf das große Fenster. „Da ist unsere Station!“ Sie flogen in einem Bogen um Pluto herum, der so lange ihre Heimat gewesen war. Lubo legte den Kopf schief und die beiden anderen traten näher, um ebenfalls einen letzten Blick auf die Station zu werfen.

„Ach“, seufzte Lubo.

„Sei nicht traurig, Professor“, ermahnte ihn Mik. „Die Menschen können jetzt auf sich selbst aufpassen. Das ist doch ein guter Trost, Professor.“

In dem Moment traf der Laser von der Erde auf der Forschungsstation ein. Aufgrund der extremen Kälte auf der Planetenoberfläche und der hohen Energie des Laserstrahls von der Erde, hielt die Station nicht stand und verdampfte in einer riesigen, sich schnell ausbreitenden Wolke. Es folgte eine Explosion. Die drei Professoren hielten sich die Arme vor die Augen.

„Was zum heiligen Grompel?“, flüsterte Kampi.

„Diese Vollidioten haben den Laser auf uns gerichtet statt auf den Asteroiden?“, schimpfte Mik.

„So viel zu der Annahme, die Erde könne nun selbst auf sich aufpassen, Professor.“ Lubo schlug gegen die Scheibe. „Man kann sie nicht alleine lassen, diese Erdlinge! Ich habe es euch doch gesagt!“

Die drei schauten sich an und ließen die Schultern hängen.

Herbert hatte von all dem nichts mitbekommen. Weder, dass man ihn auf der Erde entdeckt hatte, noch dass man ihn Herbert genannt hatte, noch dass die Entdeckung der Forschungsstation von Krabi die Neuigkeiten über seine Entdeckung aus den Medien verdrängt hatte. Herbert flog einfach weiter, schnurgerade auf die Erde zu, wo gerade alle damit beschäftigt waren, den Sieg über die Außerirdischen zu feiern.

„Darf ich jetzt endlich den krallonischen Sekt öffnen?“, wollte Lubo wissen.

Professor Mik nickte zackig. „Unsere Karrieren sind gerettet. Das sollten wir feiern.“ 







12 Kommentare

  1. Sehr amüsante Geschichte. Sprachlich nichts zu bemängeln.

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  2. Ich habe den Schluß nicht kapiert. Die Illustration sagt mir, dass Herbert wohl ein Asteroid ist, der n6n die Erde zerstört. Wie sehen andere das?

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  3. "Sie hatten alles berechnet, ihre Magneten ausgerichtet ..."? Magneten, um Asteroiden umzulenken? Und der Planetenkiller kommt aus dem Astroidengürtel des Jupiter? Und war dort weder von der Menschheit noch den Aliens entdeckt worden? Und Oumuamua kam aus einer anderen Galaxis? Okay, ich höre auf, pingelig zu sein. Denn Texte mit satirischem Touch leiden unter Leser*innen, die zu sehr auf Fakten schauen. Leider sind es aber eben solche Ungereimtheiten, die meinen Lesefluss stören. Daher mal zum Guten: Die Menschheit (hier reduziert auf die Entscheidungsträger für den Einsatz des Lasers) ist in diesem Text also zu blöd, die Probleme in ihrer Wertigkeit zu verstehen. Da "Herbert" mit dem Potenzial die Erde zu zerstören, da die Station Außerirdische ... Und, Feuer frei ... Alienstation weg, Planetenkiller darf weitersausen. Ja, das hat Wucht. Ist andrerseits aber so pessimistisch, dass es für mich schon wieder völlig unglaubwürdig ist.

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    1. Ich habe aus Neugier auf Wikipedia gesucht. Da steht, dass Asteroiden vom Typ M aus hauptsächlich Nickel und Eisen bestehen. Und da steht auch, dass Oumaumaua identifiziert wurde als interstellar, also als nicht aus unserer Galaxie. In dem Wikipedia-Artikel über Asteroiden steht auch, dass die meisten Asterioiden aus dem Jupiter-Gürtel kommen. Ich vermute, dass der Autor sein "Wissen" aus Wikipedia nimmt.

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    2. Das mit dem Magneten funktioniert nur bei Eisen-Asteroiden. Für Gesteinsbrocken und Kometen taugt der also nix.

      Was Oumuamua angeht, bedeutet „interstellar“ eben nicht außergalaktisch. Frei übersetzt heißt es so viel wie: „zwischen den Sternen“. Käme es von weiter weg, wäre es ein intergalaktisches Objekt. Es war aber lediglich das erste Objekt von außerhalb des Sonnensystems, was auch so durch alle Medien ging.

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  4. Es gibt zu wenige lustige Science Fiction Geschichten vor allem auch auf Deutsch. Daher hat mir diese Geschichte sehr gut gefallen und ich lese gerne solche humoristische DInge. Ich weiß nicht, ob es wissentschaftlich erklärbar ist, einen Asteroiden mit einem Magnet zu bewegen, aber das ist mir nicht so wichtig. Wenn der Autor schreibt, dass das so funktioniert, dann reicht mir das als Grundlage, um die Geschicht zu verstehen.

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  5. @anonym "interstellar" bedeutet nicht zwangsläufig, dass etwas aus einer anderen Galaxis kommt. Interstellare Objekte bewegen/befinden sich zwischen den Sternen. Und bei Oumuamua ist man sich eben aufgrund der Flugbahn sicher, dass es sich um kein aus unserem System stammendes Objekt handelt, es also aus dem Raum zwischen den Sternen kam (= interstellar). Dass es aus einer anderen Galaxis gekommen ist, wäre natürlich möglich., aber davon habe ich bislang nichts gelesen. Zu dem Magnet: Wo befindet sich der? Nehmen wir nun mal an, der befindet den sich irgendwo bei der Station ... Was für Magneten müssten das sein, dass von dort aus ein aus dem Asteroidengürtel ausbrechender Asteroid in seiner Flugbahn beeinflusst werden könnte ... Und wie zielgenau müsste der sein, um über die Entfernung nicht zufällig seine Wirkung auf andere Objekte zu entfalten. Scheint nicht so simpel zu sein, das Ding einzusetzen, denn es dauert drei Stunden, um ihn zu kalibrieren. Und selbst wenn es sich um einen Magneten handelt, der für den Fall der Fälle im Asteroidengürtel befindet, müsste er aufgrund des Durchmessers des Gürtel auch Teil einer Serie von Magneten sein, so man nicht wegen der Energiemengen, die zum Erzeugen des weitreichenstarken Magnetfeldes nötig sind, irdischen Beobachtern aufzufallen. Und was macht man mit all den nicht Typ M-Asteroiden? Ein Traktorstrahl wäre die plausiblere Lösung. Da behauptet man, dass der alle Typen von Asteroiden "packen" kann und niemand wundert sich. Und der kann das auch über große Entfernungen mit geringem Energieaufwand. Ist ja SF, da geht so etwas.

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    1. Sorry, dass ich so was in der Richtung schon wieder anmerke, aber ob es ein Laser, ein Magnet oder eine hochmoderne Krizl-Kruzl-Maschine ist, mit der Asteroiden abgelenkt werden sollen, ist so was für scheißegal für die Geschichte hier ... darum geht es null. Das ist ein Humortext, der unterhalten soll, und keine Hard-SF. Die Geschichte hat im Unterschied zu 30, 1, 27 und noch eine, wo ich die Nr nicht notiert habe (ja, ich notiere die Nummern, um nicht durcheinanderzukommen, was ich schon kommentiert habe) hat diese hier noch nicht mal ein Thema, es ist reine Unterhaltung ...

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  6. Bei dieser Geschichte kommt keine Mölmö auf. Schöne Szenen, liebenswerte Charaktere. Komisch, dass so hoch entwickelte Gesellschaften in der Science Fiction oft von Königinnen regiert werden. Das Ende zieht sich etwas. Um einen Asteroiden mit einem Laser zu zerstören, müsste dieser eine enorme Leistung aufbringen und permanent auf den Asteroiden gerichtet sein.

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  7. Eine nette Geschichte, routiniert erzählt, davon kann man sich was abschauen. Und es lassen sich in der Geschichte ein paar Perlen finden; leider sind es entweder zu wenige für die Länge des Texts -- oder der Text ist zu ... lang. Ich tendiere zu Letzterem. Trotz guter Erzählung und einiger witziger Ideen -- es zieht sich, und der Plot trägt nicht so lang. Daher wurde ich beim Lesen ungeduldig. Ich denke, den könnt man um 10-20 % kürzen, das täte dem gut. Daher: durchwachsen.
    Gruß Flac

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  8. Obacht, wer einen beobachtet. Mir hat die Story gefallen, wie die Wissenschaftler ihr, ich sage mal "Kaffeekränzchen," abhalten und so nebenbei über die Erde plaudern. Der Schluss ist geradezu klassisch, wie erst auf der einen und dann auf der anderen Seite die falschen Schlüsse gezogen werden.

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  9. Die Geschichte ist nicht leicht einzuordnen. Zunächst wirkt sie durchaus ernst, doch die Eskapaden der Königin machen daraus eine Satire. Wie die Aliens aus der Ferne auf Pluto entdeckt werden konnten, erschließt sich nicht. Außerdem ist es unglaubwürdig, dass einerseits die Aliens keinen Plan haben, was sie machen sollen, wenn sie entdeckt werden, und andererseits die Menschen gleich auf sie feuern. Im Übrigen wäre ein Laserstrahl von der Erde zum Pluto rund 5 Stunden unterwegs und da müsste man schon genau berechnen, wo sich nicht nur Pluto dann befinden wird, sondern obendrein die Alien-Station auf seiner Oberfläche. Was für eine reife Leistung!

    Aber das ist nicht der einzige Punkt, bei dem nicht richtig recherchiert worden ist. Wenn ein Asteroid vom Asteroidengürtel beim Jupiter am Pluto vorbeizieht, bewegt er sich nicht gerade auf die Erde zu, sondern im Gegenteil aus dem Sonnensystem heraus. Des Weiteren war Oumuamua kein Objekt aus einer anderen Galaxie, sondern lediglich von außerhalb des Sonnensystems. Übrigens hätte man daraus eine tolle Story machen können, weil dieses Objekt seinen Kurs geändert und beschleunigt hat. Waren da vielleicht Aliens am Werk? Tja, eine verpasste Chance.

    Fazit: Bei den Aliens war man hier durchaus kreativ und auch ihre Mission ist eine nette Idee. Leider wird daraus zu wenig gemacht. Die Aliens werden entdeckt, hauen einfach ab und werden dann auch noch grundlos beschossen. Das ist schon irgendwie enttäuschend. Ebenso wie die Unkenntnis astronomischen Grundwissens.

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